Seltsame Wahrnehmung, beschränkte Wahl

Kolumne – Dezember 2016

Früher hätte ich mich darüber geärgert, wie sich die CSU letzte Woche in ihrer Kolumne mit fremden Federn schmückte. Doch was bringt das, wenn es vielfach nur Schulterzucken auslöst? Negativ verkauft sich in postfaktischen Zeiten nicht gut. Wahrheit auch nicht. Ich versuche es trotzdem.

Der „Ausbau wertvoller Grünzonen im Kirchheimer Moos“ war keine Initiative der CSU. Vielmehr war eine „Fehlbelegung“ – die landwirtschaftliche Nutzung einer Ausgleichsfläche durch einen der ihren – zu korrigieren. Übergeordnete Stellen hatten erkannt, dass landwirtschaftliche EU-Subventionen nicht zu einer Ausgleichsfläche passen. Und über den Scherz mit dem Ortspark hat zwischenzeitlich hoffentlich jeder gelacht. Die CSU habe sich besonders eingesetzt. Die Aussage ist nicht falsch, die Botschaft schon.

ALLE haben sich leidenschaftlich dafür eingesetzt. Der Ortspark gehörte immer zu den Konsenspunkten. Beim Thema Heimstettener See sind wir gespannt auf die Behandlung von Herrn Ervens Antrag aus der Bürgerversammlung. Dann erfahren wir, was die CSU unter einem „bedarfsgerechten Ausbau und einer naturnahen Gestaltung des Umfeldes“ versteht. Ob es die Ausweisung aller Kirchheimer Flächen westlich der Autobahn und nördlich der Bahnlinie als Erholungsgebiet ist, für die die versammelten Bürger mehrheitlich stimmten?

Großen Raum nahm auf der Bürgerversammlung die Ortsentwicklung ein. Die jetzige Planung hat nur noch wenig mit dem zu tun, was Kirchheimer Bürger definiert hatten. Vielleicht waren Sie sogar persönlich dabei. Die Planungsfläche ist nur noch halb so groß, die Bebauung dichter und höher und sie reicht bis an die Staatsstraße heran. Die Gemeinde wird sich in Ihrem Charakter verändern. Und das ist etwas, was die Bürger nicht wollten. Der Auftrag war, den Status Quo im Verhältnis von Mehrfamilienhäusern zu Reihen- und Doppelhäusern zu erhalten. Aber es gab auf der Bürgerversammlung keinen Widerspruch. Die Stimmung, die ich aufnahm, war vielmehr:

„Wenigstens passiert etwas.“ Wirklich? Vierzig Jahre Planung und nur ein „Gut, dass etwas passiert“? – So bescheiden sollten wir nicht sein. Bürgermeister und CSU wissen natürlich, dass sie ihre Wähler mit ganz anderen Visionen hinter sich versammelt hatten. Die CSU stand, wenn es um die Zahl der Neubürger oder den mehrgeschossigen Wohnungsbau ging, immer auf der Bremse. In einem Bürgerentscheid im kommenden Frühsommer sollen wir es für die CSU richten und die vollzogene Wende gutheißen. Das Ratsbegehren wird es uns nur gestatten, Ja oder Nein zum jetzigen „Strukturkonzept“ zu sagen. Die CSU-Klientel kann sich dabei entspannt zurücklehnen. Die Flächen heimischer Grundbesitzer wären unabhängig vom Abstimmungsergebnis aus der Planung raus. Zwar werden für sie die Regeln der sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN) gelten, aber die Qualität des Baugrundes – so zumindest die Hoffnung der Betroffenen – wird dann nicht mehr höherwertige Ackerfläche sein sondern Bauerwartungsland. Der Investitionsspielraum für die Gemeinde würde beträchtlich schrumpfen.

Bündnis 90/Die Grünen möchten Ihnen durch ein zeitlich abgestimmtes Bürgerbegehren die Möglichkeit geben, zur ursprünglichen Planung zurückzukehren. Zwar drehen wir damit die Uhr zwölf Monate zurück, aber diese
Weichenstellung wird den Ort für mindestens ein halbes Jahrhundert prägen.

Und wir können nichts dafür, wenn sich der Bürgermeister unabhängig von Zeit und Raum bzw. vom Bürgerauftrag bewegt. Unterstützen Sie uns bei der Sammlung der Unterschriften, gerne auch aktiv in Ihrem Bekanntenkreis.

Zum Schluss noch ein Wort zum Schwimmbad, welches laut Bürgermeister nicht finanzierbar sei. Mein Credo ist: „Alles eine Sache der Prioritäten“. Das Grundstück an der Erdinger Straße hat 4,5 Millionen gekostet, die Sanierung des Bürgerhauses wird ebenfalls Millionen kosten – selbst mit Förderung des Freistaats. Drei Kommunen mit etwa 30.000 Einwohnern müssten sich ein gemeinsames Schwimmbad für fünf bis sieben Millionen Euro leisten können, wenn es die Bürger mehrheitlich wollen. Sollte das Schwimmbad unsererseits am Finanziellen scheitern, müssen wir uns fragen, wo unser Geld geblieben ist.

Der Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen, meine Fraktionskollegin Susanne Merten-Wente und ich wünschen Ihnen eine schöne Adventszeit, ein frohes Fest und alles Gute für das neue Jahr!

Rüdiger Zwarg