In den Sand gesetzt – mal wieder

Kolumne – Juni 2012

Viel Geld wurde für Gutachter und Rechtsanwalt ausgegeben, viel Mühe und Zeit investiert: Alles für das Mobilfunk-Konzept der Gemeinde. Dieses versucht den Schutz Ihrer Gesundheit mit einer lückenlosen Versorgung und dem gesetzlich geregelten, legitimen Geschäftsinteresse der Mobilfunknetzbetreiber unter einen Hut zu bringen.

Es war 2010 allen klar, dass das Mobilfunk-Konzept nicht so verbindlich und rechtlich durchsetzbar sein würde, wie es sich Gemeinderäte und Bürger wünschen. Aber es war eine klare Ausgangsposition für die Gespräche mit Netzbetreibern.

Noch im Jahr des Gemeinderatsbeschlusses kam eine Bedarfsanzeige von Vodafone. Acht Wochen hatte der Bürgermeister dann zur Stellungnahme Zeit. Realistisch betrachtet hat man als Gemeinde nur die Option, innerhalb des vom Netzbetreiber vorgegebenen Suchkreises ein oder zwei alternative Standorte vorzuschlagen, die dem o.g. Leitgedanken des Konzeptes am besten Rechnung tragen. Weitergehende Vorschläge verhallen unberücksichtigt und ohne Reaktion, weil sie sich „außerhalb des technischen und wirtschaftlichen Kompromissspielraums bewegen”. Es sei denn, es findet sich kein Dach bzw. Vertragspartner. Dann muss sich der Betreiber flexibler zeigen und den Spatz in der Hand der Taube auf dem Dach vorziehen.

Der Bürgermeister hat in seiner Antwort an Vodafone auf das Mobilfunkkonzept verwiesen und Gesprächsbereitschaft signalisiert. Das war zu wenig. Weder hat Herr Hilger fallbezogen nachgefasst, noch wurden Grundeigentümer des Suchkreises angeschrieben und gebeten, mit der Gemeinde vor Vertragsunter-zeichnung Rücksprache zu halten. Das sei bei (auswärtigen) Eigentümern 2005 geschehen. Doch können Sie sich an ein Schreiben von vor fünf Jahren erin-nern, das zu dem Zeitpunkt obendrein ohne unmittelbare Relevanz war?

Neben diesen Versäumnissen und handwerklichen Fehlern wiegt außerdem schwer, dass weder der Gemeinderat noch der Umweltausschuss über die Standortsuche Vodafones informiert wurde. Dann hätte der Gemeinderat noch beizeiten Besenwagen spielen können und das auflesen können, was der Bürgermeister links und rechts liegen gelassen hat. Jetzt aber haben wir den Salat: eine Mobilfunkantenne auf dem Gebäude Liebigstraße 5. Im Gewerbegebiet zwar, aber unweit von Wohnbebauung.

Murks und Mittelmaß müssen für Kirchheim der Vergangenheit angehören. Dass nach über 22 Jahren im Amt Schwung und Elan verflogen sind, kann der ein oder andere nachvollziehen. Doch kann sich Kirchheim keinen Amtsinhaber leisten, dem viele Dinge gleichgültigsind und der Wesentliches nicht aktiv und gründlich anpackt sondern laufen lässt.

Das Besoldungsgesetz sieht nach mehr als zwei Amtsperioden zusätzlich zum Ruhegeld einen Ehrensold vor. Der Bürgermeister sollte der Gemeinde im Gegenzug weitere Nachteilezu ersparen. Ihm selbst ginge es vielleicht auch besser. Denn Hochstimmung wird nicht aufkommen, wenn die Presse durchblicken lässt, dass er den Anforderung nicht gerecht wird: „Man mag es kaum glauben: Als der Wirtschaftsbeirat seine Arbeit aufnahm, lag von Seiten der Gemeinde so gut wie kein Material über die Zahl der Firmen und Beschäftigten in Kirchheim vor.” Und wenn mit Josef Hornburger ein ehemaliger Zweiter Bürgermeister (24 Jahre im Gemeinderat, davon 12 Jahre als 2. Bgm.) per Leserbrief den vorzeitigen Rücktritt des amtierenden Bürgermeisters fordert, sollte dieser auch aufhorchen. Heute sind die Leidtragenden die Nachbarn der Mobilfunkantenne, morgen sind es andere. Schluss damit!

Ihr Rüdiger Zwarg
Bündnis 90/Die Grünen

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