Ende der Märchenstunde

Kolumne – Juni 2015

Zuweilen verliert man den Überblick und das gestern in Interviews und Wahlreden Gesagte holt einen ein. Manche pellen sich wie unser Ministerpräsident ein Ei drauf. Wir werden zum Narren gehalten. Doch soll niemand glauben, wir Bürger merkten es nicht. Drei aktuelle Beispiele aus unserer Gemeinde:

  1. „Freiwillige Leistungen müssen auf den Prüfstand“, sagt Bürgermeister Böltl angesichts rasant schwindender Rücklagen. Welchen Sinn ergibt da zum jetzigen Zeitpunkt ein „Bürgerhaus“, dessen Räumlichkeiten ausschließlich der Erbringung freiwilliger Leistungen dienen? Wie sich am Ursel-Rechenmacher-Haus, dem Vereinsheim des KSC am Merowinger Hof, zeigt, ist es mit der kostenlosen Bereitstellung einer herausragenden Infrastruktur nicht getan. Vielmehr ist die Erwartungshaltung, dass die Gemeinde über die Millioneninvestitionen hinaus fast komplett auch die laufenden Verbrauchs- und Unterhaltskosten übernimmt. Da ist es konsequent, beim „Bürgerhaus“ die Reißleine zu ziehen, wenn man wirklich die freiwilligen Leistungen beschränken will. Bündnis 90/Die Grünen haben deshalb zusammen mit VFW und LWK einen Antrag auf Rückabwicklung oder Verkauf des Objekts Feldkirchener Straße 2 gestellt. Denn bevor man bei der Kinderbetreuung spart, fängt man doch besser bei der Freizeitgestaltung an.
  2. Aufgrund persönlicher Erinnerung und Verbundenheit täte ihm ein Abriss des Gymnasiums ganz schrecklich leid, sagt der Bürgermeister. Ausgangspunkt aller Sanierungspläne war der als unzureichend angesehene Brandschutz. Doch Simulationen haben ergeben: Die Sicherheit im Brandfall, die Einhaltung der Fluchtzeiten ist gewährleistet. Über die Frage meiner Fraktions­kollegin Susanne Merten-Wente nach dem Sanierungsumfang, wie er sich im Licht dieser neuen Erkenntnisse aus dem Gutachten  darstellt, gingen Bürgermeister und Verwaltung hinweg. (Teil-?)Abriss und Neubau scheint das Ziel. Wir werden schriftlich nachfassen.
  3. Weiterdenken müsse man und somit weitersuchen nach dem geeignetsten Standort für ein neues Rathaus. Die erste Idee des Bürgermeisters, die dem Gemeinderat mit großem Ernst vorgetragen wurde, war das Brennereigrundstück. Man verwies auf den traditionellen Dreiklang von Kirche, Rat- und Wirtshaus. Inzwischen ist die Karawane der Weiterdenker schon wieder weitergezogen und wirft begehrliche Blicke auf den Kindergarten und Hort St. Andreas. Was also tun mit der Grube an der ehemaligen Brennerei, wo es mit einer Bebauung noch dauern wird? Zuschütten und Rasen ansähen? Nein, nicht nötig, meinte der Bürgermeister. Das Grundstück präge nicht das Ortsbild, weil es in zweiter Reihe läge – sozusagen im Hinterhof. Dann war das ja ein toller Standortvorschlag für das neue Rathaus. Demokratie im Hinterhof: was für ein Bild! Die sich  hier aufdrängenden Fragen nach den wirklichen Motiven kann auch ein Gutachten zur Belebung des Pfarrer-Caspar-Mayr-Platz nicht wegzaubern.

Manche Menschen glauben an Märchen: dass die Sterne nicht lügen, ein Regen­bogen Glück bringt und Sternschnuppen Wünsche erfüllen. Kritische Geister glauben nicht alles, was man ihnen erzählt, halten sich aber zumeist aus der Ortspolitik heraus. Und so regiert der Bürgermeister mit einer folgsamen Mehrheit mühelos über alle Widersprüche hinweg. Für Befürchtungen gibt es allen Grund, denn in der Realiät hat Inkonsequenz oft höchst unangenehme Konsequenzen.

Rüdiger Zwarg – Bündnis 90/Die Grünen

Fragen, Anregungen, Kritik: http://zukunft-kirchheim.de