Goldgräber

Schnelles Geld hat seinen Preis und das ist gut so. Wo Paragrafen versagen, muss die soziale Kontrolle deren Rolle übernehmen. Bei Vetternwirtschaft zum Beispiel. Wir legen offen, decken auf und erhellen Sachverhalte, wo manch Möchtegern-Transparenzler mit Worten wie Bloßstellung oder Pranger zu bremsen versucht.

Den Schwarzen geht es gerade ziemlich nass rein. „CDU CSU Schwarzer Filz“ titelt der Spiegel. Und hätte Greenpeace das gestohlene C von der Berliner Parteizentrale nicht schon längst zurückgebracht, wäre es jetzt höchste Zeit dafür, wird im Netz gefrotzelt. Man wisse ja jetzt, wofür es stehe. Für „corrupt“ nämlich. Die persönlichen Bereicherungen in der Maskenaffäre sind skandalös. Die Aserbaidschan-Connection, wo es um bezahlte Lobbyarbeit für das menschenrechtlich problematische Land und um gekaufte Stimmen im Europarat geht, ist ebenso unerhört. Als Drahtzieher bei den gekauften Stimmen wird der ehemalige CSU-Abgeordnete und Staatssekretär Eduard Lintner genannt. Das Problem der beiden C-Parteien ist struktureller Natur.

Bemerkenswert ist die Chuzpe und das fehlende Unrechtsbewusstsein. So auch bei uns in Kirchheim beim Kauf von Grund und Boden für den teilweise bereits bestehenden Radweg entlang des Heimstettener Mooswegs. Die bezahlten 500 Euro für jeden der 1.000 Quadratmeter entsprechen dem Preis für Bruttobau­land. Im Flächennutzungsplan ist die Fläche aber Teil einer landwirtschaftlichen Nutzfläche. Eine von den VerkäuferInnen vorgelegte, vage, nur aus einem Satz bestehende „sachverständige Stellungnahme“ genügte, um aus einem Acker Bauland zu machen. Die Gemeinde verzichtete auf ein eigenes, tatsächliches Gutachten. Die Bewertung hätte außerdem nach der Wertermittlungsrichtlinie WertR 2006 erfolgen müssen, die bei Geschäften der öffentlichen Hand zwar in Bayern (typisch!) nicht vorgeschrieben ist, aber immer Richtschnur sein sollte.

Der Deal hat aber noch eine zweite Komponente. Barbara Kraft-Heinik erhielt mit den Miteigentümern im Rahmen der Vereinbarung zudem die Gelegenheit, eine knapp 5.500 Quadratmeter große Fläche von der Gemeinde zum läppischen Quadratmeter-Preis von nur 30 Euro zu erwerben. Diese Fläche an der Flur- bzw. Schrannerstraße war 2017 für 145 Euro je Quadratmeter angekauft worden. Die Lage hat Potenzial; der Preis kann nicht fallen. Als Argumentationshilfe für die 30 Euro ließ die Gemeinde per Gutachten feststellen, was landwirt­schaftliche Nutzfläche an dieser Stelle Wert wäre. So muss man es formulieren. Denn die Freiheit, die Bauerwartung einzuschätzen, hatte der Gutachter nicht. Er vermerkte unter „Annahmen“, dass er auftragsgemäß jegliche Bauerwartung verneint habe. Wer hätte nicht bei diesem irregulär bestimmten Schnäppchenpreis zugeschlagen? Doch solch risikolose Angebote bekommen nur Amigos!

Damit immer noch nicht genug. Noch vor kurzem diskutierte der Gemeinderat die Risiken einer neuen Bankverbindung, um der Gemeinde Negativzinsen auf Guthaben zu ersparen. Dennoch überweist die Gemeinde die fälligen 336.000 Euro nicht in einem Betrag sondern, wie steuersparend im veröffentlichten Notarvertrag vereinbart, in zehn Jahresraten. Amigos kennen sich mit Steuer­vermeidung aus. Jeder Normalsterbliche, der seinen Arbeitsplatz verliert und dafür eine Abfindung erhält, hat allenfalls die Möglichkeit, von der Fünftel­regelung Gebrauch zu machen. Das bedeutet aber nicht, dass der Betrag über fünf Jahre, die möglicherweise ohne Einnahmen bleiben, verteilt werden kann. Die Progression bleibt hoch, wird in nur überschaubarem Maße gemildert.

Nun stellt die CSU zwar die größte Fraktion, aber sie hat nicht die Mehrheit. Sie braucht für solche Geschäfte Komplizen. Die SPD ist zur Stelle, wenn die CSU ruft. Die erhaltenen Pöstchen bedeuten eben auch Verpflichtung. Der Gipfel der Heuchelei war es, nach der Zustimmung zu diesem Deal, per Kolumne eine Bodenrechtsreform zu fordern. Immerhin stand aber drunter, dass im September die Bundestagswahl stattfindet. Wir danken für diesen konstruktiven Hinweis!

 

Fotonachweis:
Fotograf: Timo Klostermeier
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