Kolumne – Dezember 2014
g’scheit zerrupft – aus finanziellen Beweggründen
Ist es richtig und fair, Fußball-Bundesligavereine an den Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen? Nach einer im August veröffentlichten repräsentativen Umfrage des ZDF-Politbarometers meinen 77 Prozent der Bevölkerung: Ja. Warum sollten Fernsehrechte und Eintrittsgelder nicht auch öffentliche Veranstaltungskosten decken. Was in vielen Schweizer Städten schon Realität ist, wird in Deutschland heiß diskutiert. Wenn es um Existentielles wie den Wohnungsbau und nicht um die schönste Nebensache der Welt geht, kann man sicher sein, dass per Gesetz entschieden ist, was richtig und fair ist: Mit dem Baurecht auf einem Stück Land steigt der Wert. Dieser „Planungsgewinn“ muss anteilig zur Deckung kommunaler Infrastrukturkosten herangezogen werden. Bei einer Baulücke (§34 BauGB), wo bereits Baurecht besteht, bekommt die Gemeinde wenig bis gar nichts, bei einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme mehr.
Neben den direkten Erschließungskosten entstehen durch Zuzug weitere Kosten. Der prämierte Sieger des städtebaulichen Realisierungswettbewerbs sieht im zentralen Ortspark Rathaus, Bürgersaal, Bücherei, Kinderhaus, Hort und Mehrzweckhalle vor. Ferner, im übrigen Gebiet zwei Fuß-/Radwege über die Staatsstraße. Und weil mit neuen Wohngebieten der Kollaps droht, muss auch das jetzt schon stark belastete „Kirchheimer Ei“ umgebaut werden. Es werden selbstverständlich nur den Neubürgern zuzuordnende Kosten umgelegt. Das heißt bei den Kosten für ein neues Rathaus zum Beispiel: anteilig im Verhältnis Neu- zu Altbürgern.
Dort, wo Grundeigentümer mehrheitlich ihre politische Heimat haben, sind die Interessen der gemeinen Bürger nicht unbedingt gut aufgehoben. Das sehen Sie daran, wie jetzt eine öffentliche Einrichtung nach der anderen zeitlich vorgezogen wird und räumlich aus dem Bereich der Ortserweiterung verschwindet.
So kommt das Bürgerhaus an den Ortsrand in das Gebäude Feldkirchener Str. 2. Weder wird die Sanierung dieses lange Jahre unverkäuflichen Objekts schneller als ein Neubau sein, noch wird es billiger. Die Bücherei könnte sich bald im ehemaligen Schleckerladen am Schlehenring befinden und im Januar soll, wenn es nach dem Bürgermeister geht, der Beschluss gefasst werden, das Rathaus dort hinzusetzen, wo in einer Nacht- und Nebelaktion die Brennerei platt gemacht wurde. An einem der zwei Fuß-/Radwege über die Staatsstraße wird auch schon gearbeitet. Und die Planungen für den Umbau des Eis zu einer Verkehrsführung mit „Overfly“ haben begonnen.
Durch diese teilweisen oder vollständigen Abkoppelungen von der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme wird die Gemeindekasse belastet, während sich der Überschuss für die Grundeigentümer erhöht. Doch soll es dabei nicht bleiben. Die für uns Bürger vorteilhafte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) soll gekippt werden zu Gunsten einer Kirchheimer Variante der „Sozialgerechten Bodennutzung“ (SoBoN). SoBoN garantiert in München den Grundeigentümern einen kräftigen Aufschlag auf die unbeeinflussten Bodenrichtwerte unabhängig davon, ob vom Rest die Kosten gedeckt werden können. Wir bitten die SPD, ihre Zustimmung zu einer Projektgruppe, die diesen Übergang vorbereiten soll, zu überdenken. Denn auch die Landeshauptstadt München greift auf das Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme zurück; z. B. in München-Nordost/Daglfing. Schon bei der Feldkirchener Str. 2 (neues „Bürgerhaus“) haben wir die Zustimmung nicht ganz verstanden, da keine der 2011 von Bürgerforum und Gemeinderat definierten Kriterien erfüllt ist.
Erfahren Sie es als Erste, wenn das nächste Mal Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert werden. Mit den Audiobeiträgen unseres Podcasts auf zukunft-kirchheim.de sind Sie stets informiert. Meist ist zumindest eine schöne Bescherung dabei.
Frohe Weihnachten! Das wünschen Ortsverband und Fraktion.
Petra Kowallik und Andreas Zenner
Susanne Merten-Wente und Rüdiger Zwarg
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