Mit Uli Leiner und Felicia Kocher
Wie bist du zu den Grünen gekommen, wer/was hat dich motiviert?
Uli: Im Jahr 1978 gab es Pläne, in Rehling, nahe Augsburg, ein Atomkraftwerk zu bauen. Die Mutter eines Freundes war Sprecherin der Bürgerinitiative, die dagegen protestierte und mich sensibilisierte. Und dann hörte ich, dass zur Europawahl eine neue Gruppe kandidiert: “Die Grünen”, in dem ersten Flugblatt, das ich aufgehoben habe, hieß es: “Einsparung von Energie und Rohstoffen, keine Atomenergie, demokratische Kontrolle multinationaler Konzerne und eine konsequente Friedenspolitik”. Das wollte ich unterstützen und habe im Herbst 1979 den Kreisverband Augsburg mitgegründet.
Felicia: Mir stellt sich eher die Frage, warum ich mich nicht engagieren sollte. Ich habe das wahnsinnige Glück in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft aufgewachsen zu sein und möchte, dass auch noch meine Kinder und Enkelkinder diese Rechte genießen dürfen. Im Prinzip war für mich also schon immer klar, dass ich für unsere Umwelt und eine gerechte Gesellschaft politisch aktiv werden muss. Nach einem Praktikum im Landtag ist mir erst bewusstgeworden, wie wichtig besonders die Basisarbeit auf kommunaler Ebene eigentlich ist.
Was sind für dich die drei wichtigsten Forderungen Grüner Politik?
Uli: In meinem ersten selbstverfassten Flugblatt im März 1980 schrieb ich: “Verzicht auf Atomkraft, intensive Förderung alternativer Energien, Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, Einführung von Bürgerentscheiden und nein zur Neutronenbombe.” Einiges davon haben wir schon umgesetzt. Einen großen Unterschied zu heute sehe ich in den wesentlich stärkeren Forderungen nach Rüstungsstopp und Gewaltfreiheit, obwohl dies heute mindestens so wichtig wie damals wäre.
Felicia: Unsere Erde zu schützen, allen Menschen eine Chance auf ein gleichwertiges Leben zu geben und unsere Demokratie zu verteidigen.
Wie erlebst du die Situation im OV?
Uli: Alle waren neu, wir mussten uns erst kennenlernen und zusammenraufen. Und es waren äußerst unterschiedliche Charaktere und Biographien, die sich da begegneten. Außerdem gab es kein Internet, keine Textverarbeitungsprogramme, ja nicht einmal brauchbare Kopierer. Handarbeit war Trumpf.
Felicia: Ich wurde unglaublich offen aufgenommen und bewundere die Erfahrung und Ausdauer von Mitgliedern, die seit Jahrzehnten für unsere Grünen Ideen kämpfen. Außerdem sind diese Mischung und der Austausch der Generationen meiner Meinung nach extrem wichtig und hält die interne Debatte aufrecht.
Warum, denkst du, sind so wenige Frauen und junge Menschen aktiv in der Kommunalpolitik?
Uli: Anfangs waren wir fast nur junge Menschen, deren Sozialisation meist aus der 68- oder der Anti-Atomkraft-Bewegung kam. Frauen waren auch damals in der Minderheit, trotz Petra Kelly und Jutta Ditfurth.
Felicia: Das ist für mich bis jetzt noch immer ein ungelöstes Rätsel. Natürlich ist das “Altherrengehabe” auf kommunaler Ebene noch ausgeprägter, aber das ändert sich ja eben erst dann, wenn diese Strukturen durch einen Generationenwechsel und mehr aktiven Frauen verändert werden.
Wie geht es weiter, was sind deine Wünsche?
Uli: Ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei, diese vier Kernaussagen haben sich erstaunlich gut bewährt. Was sich hingegen völlig verändert hat, ist die Idee einer Anti-Partei ohne Profis und mit imperativem Mandat. Da haben wir uns professionalisiert und ja, auch angepasst. Ein Prozess, der in kommenden Regierungsverantwortungen eher noch stärker werden wird. Mein Wunsch ist eine meinungsstarke, diskussionsfreudige Partei, die in die Gesellschaft hineinwirkt.
Felicia: Wir sollten uns weiterhin konsequent für unsere Überzeugungen einsetzen und darauf aufmerksam machen, wie wichtig Engagement in der Kommunalpolitik für unsere Demokratie ist. Außerdem wünsche ich mir, dass der Hass, der sich in unserer Gesellschaft momentan ausbreitet, ein Ende nimmt und wir gemeinsam mit Respekt neue Lösungen finden, statt die Schuld unentwegt den anderen in die Schuhe zu schieben.
Felicia Kocher
Grüne Garching
Ortsvorsitzende, Beitritt 2018
Uli Leiner
Grüne Haar
Ortsverbandssprecher, Beitritt 1979
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