Die rezeptfreie „Pille danach” ist überfällig

Zur gestrigen Debatte im Bundestag über den Antrag von Bündnis 90/DieGrünen, die Pille danach aus der Ver­schrei­bungs­pflicht zu entlassen, erklärt Antje Wagner, Spre­che­rin Kreisverband Mün­chen-Land: Die Weigerung des Ge­sund­heits­mi­nis­ters Hermann Gröhe (CDU) und der CDU/CSU-Bun­des­tags­frak­ti­on, die Pille danach mit dem Wirkstoff Le­vo­nor­ge­st­rel aus der Ver­schrei­bungs­pflicht zu entlassen, zeigt nur zu deutlich, dass die Bewertung von Fakten bei der Ablehnung dieses Vor­schla­ges keine Rolle spielt, sondern lediglich ideo­lo­gi­sche Vor­be­hal­te sowie eine An­bie­de­rung an die Ärz­te­lob­by.

Ich fordere, dass die Ver­schrei­bungs­pflicht endlich fällt. Frauen in einer Not­fall­la­ge müssen innerhalb von kürzester Zeit die „Pil­le­da­nach” selbst­be­stimmt nutzen können, um so un­ge­woll­te Schwan­ger­schaf­ten und eine mögliche Ab­trei­bung zu ver­hin­dern. Wir wollen jungen Frauen die Wahl zwischen einem selbst­be­stim­men direkten Zugang und der Er­stat­tung der Kosten (nach ärzt­li­cher Ver­schrei­bung) er­mög­li­chen.

Zum Hin­ter­grund

Der Wirkstoff Le­vo­nor­ge­st­rel gilt seit sehr vielen Jahren als bewährtes und sicheres Arz­nei­mit­tel. Er ist in ganz Europa – außer in Deutsch­land, Polen und Italien – re­zept­frei er­hält­lich. Es ist mehr als ir­ri­tie­rend, dass sich der Minister über die fachliche Emp­feh­lung seiner Bun­des­ober­be­hör­de und des dortigen Ex­per­ten­aus­schus­ses des Bun­des­in­sti­tuts für Arz­nei­mit­tel und Me­di­zin­pro­duk­te hin­weg­setzt und eine per­sön­li­che Bewertung vornimmt. Er be­schnei­det mit Verweis auf eine ver­meint­lich un­kal­ku­lier­ba­re Ge­fähr­dung der Ge­sund­heit von Frauen ihre Selbst­be­stim­mung über den eigenen Körper und die eigene Ge­sund­heit. Und er spricht damit faktisch Frauen die Fähigkeit ab rational die mit der Ein­nah­me­ver­bun­de­nen Vor- und Nachteile (Ne­ben­wir­kun­gen) der „Pille danach”abzuwägen. Bei allen anderen nicht­ver­schrei­bungs­pflich­ti­gen Arz­nei­mit­teln scheint dies für ihn keine Rolle zu spielen. Völlig aus­ge­blen­det wird auch die Tatsache, dass gerade junge Frauen in einer solchen Not­fall­si­tua­ti­on unter er­heb­li­chem Stress stehen und ein un­kom­pli­zier­tes und rei­bungs­lo­ses Prozedere bei der Vergabe selbst­ver­ständ­lich sein sollte. Auch die Ar­gu­men­ta­ti­on der angeblich nicht aus­rei­chen­den Beratung „an der Fens­ter­klap­pe” ist ein Affront gegen die Apo­the­ke­rin­nen und Apotheker.

Die Pille danach mit dem Wirkstoff Le­vo­nor­ge­st­rel wird in den ersten 72 Stunden nach un­ge­schütz­tem Ge­schlechts­ver­kehr ein­ge­nom­men, um eine Schwan­ger­schaft zu ver­hin­dern. Eine bereits ein­ge­tre­te­ne Schwan­ger­schaft kann durch das Me­di­ka­ment nicht beendet werden. Die Pille danach ist also ein Ver­hü­tungs-, kein Ab­trei­bungs­mit­tel. Durch die der­zei­ti­ge Re­zept­pflicht ist eine ärztliche Ver­schrei­bung notwendig, was gerade am Wo­chen­en­de und in länd­li­chen Gebieten den schnellen Zugang zu dem Me­di­ka­ment erschwert. Da die „Pille danach”umso besser wirksam ist, je früher sie ein­ge­nom­men wird, gibt es auch gute phar­ma­ko­lo­gi­sche Gründe für einen direkten Zugang.

 

Verwandte Artikel