Fragen zu Corona-Gefahr in Flüchtlingsheimen

Corona-SymbolAufgrund der bekannten, oftmals engen räum­li­chen Ver­hält­nis­se in Ge­mein­schafts­un­ter­künf­ten für Asyl­su­chen­de stellt sich die Frage, wie mit der Pan­de­mie-Si­tua­ti­on in den Un­ter­künf­ten um­ge­gan­gen wird. Die Kreis­tags­frak­ti­on von Bündnis 90/Die Grünen hat dazu dem Landkreis München folgende Fragen gestellt und gebeten, sie an die örtlich zu­stän­di­gen Kommunen wei­ter­zu­lei­ten, sofern das Land­rats­amt für einzelne Ein­rich­tun­gen nicht selbst zuständig ist:

Er­kran­kun­gen und Maßnahmen

  • Wie viele Co­vid-19-Er­kran­kun­gen wurden bei Ge­flüch­te­ten im Landkreis München fest­ge­stellt?
    (Bitte zum Vergleich die Ge­samt­zahl der In­fi­zier­ten im Landkreis München zum gleichen Stichtag angeben.)
  • Wie viele To­des­fäl­le im Bezug auf Ge­flüch­te­te wurden im Landkreis München re­gis­triert? (insgesamt/Ge­flüch­te­te)
  • Waren bei diesen Personen Vor­er­kran­kun­gen bekannt, wenn ja welche?
  • Wie wird bei Co­vid-19-Sym­pto­men in Asyl­un­ter­künf­ten verfahren? Wie schnell erfolgen ent­spre­chen­de Testungen?
  • Wie wird bei positiven Co­vid-19-Tests in der Un­ter­kunft verfahren?
  • Wird bei positiven Co­vid-19-Fäl­len die gesamte Un­ter­kunft getestet?
  • Werden die Maßnahmen des In­nen­mi­nis­te­ri­ums, die hier in einem Artikel der AZ be­schrie­ben werden, auch in den Un­ter­künf­ten des Land­krei­ses umgesetzt?
  • Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um eine Aus­brei­tung von Covid-19 in Asyl­un­ter­künf­ten zu vermeiden/ re­du­zie­ren?

Soziale Ver­sor­gung der Ge­flüch­te­ten

  • Findet eine Mehr­fach­be­le­gung von Zimmern in den Asyl­un­ter­künf­ten des Land­krei­ses München statt, oder hat es im letzten halben Jahr Mehr­fach­be­le­gun­gen gegeben?
  • Wie wird die Betreuung von schul­pflich­ti­gen Kindern während der Corona Pandemie gesichert?
  • Gibt es in den Un­ter­künf­ten aus­rei­chend W-LAN Zugang, um das Ho­me­schoo­ling zu sichern?
  • Sind die Schul­kin­der mit aus­rei­chend Hardware versorgt?
  • Inwieweit haben Hel­fer­krei­se Zugang zu den Un­ter­künf­ten?
  • Gibt es aus­rei­chen­de Hygiene- und Des­in­fek­ti­ons­mit­tel?
  • Können die Anwohner*innen weiterhin ihrer Arbeit oder den In­te­gra­ti­ons- und Sprach­kur­sen nachgehen?
  • Bestehen Aus­gangs­be­schrän­kun­gen für die Anwohner*innen der Un­ter­künf­te? Wenn ja, wie äußern sich diese?

Qua­ran­tä­ne

Gab oder gibt es derzeit Personen aus dem Kreis der Ge­flüch­te­ten, die sich in Qua­ran­tä­ne befinden?

Wenn ja, bitten wir um Be­ant­wor­tung folgender Fragen:

  • Anhand welcher Kriterien wird ent­schie­den, dass ein*e Ge­flüch­te­te*r in eine externe Qua­ran­tä­ne umziehen muss?
  • Wie sind die zeit­li­chen Abläufe bei einer Qua­ran­tä­ne­si­tua­ti­on?
  • Wie ist der Transport in die Ein­rich­tung geregelt? (werden Ge­flüch­te­te abgeholt oder müssen sie sich selbst­stän­dig dorthin bewegen?)
  • Wer regelt die sichere Abreise der Ge­flüch­te­ten aus der Qua­ran­tä­ne und be­rück­sich­tigt dabei auch die Ab­fahrts­zei­ten der öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel?
  • Wie werden Ge­flüch­te­te in Qua­ran­tä­ne sozial betreut?
  • Werden psychisch vor­be­las­te­te Ge­flüch­te­te in Qua­ran­tä­ne psychisch betreut?
  • Gibt es Un­ter­hal­tungs­mög­lich­kei­ten, Fernsehen, Ansprache, Spa­zier­mög­lich­keit auf dem Hof/ im Garten?
  • Haben Personen in der Quarantän Zugang zu warmen Mahl­zei­ten? Sind die Es­sens­pa­ke­te aus­rei­chend, wie wird das geprüft?
  • Wie werden Ge­flüch­te­te generell in Qua­ran­tä­ne mit Nah­rungs­mit­teln versorgt?
  • Wie ist die ärztliche Ver­sor­gung in der Qua­ran­tä­ne geregelt und die Betreuung durch die Wohl­fahrts­ver­bän­de?

Be­grün­dung:

Der Presse ist zu entnehmen, dass großer Hand­lungs­be­darf besteht. Ende April verstarb im Klinikum Rechts der Isar in München ein 35-jäh­ri­ger Afghane an den Folgen des Virus – nach Auskunft einer Flücht­lings­hel­fe­rin wurde er trotz starker Symptome tagelang nicht in die Klinik gebracht, sein Heim stand unter Qua­ran­tä­ne. (Bericht Baye­ri­scher Rundfunk)

“Es bestehe “akuter Hand­lungs­be­darf, um weitere To­des­fäl­le und schwere Er­kran­kun­gen durch Sars-CoV-2 zu ver­hin­dern”, heißt es in einem offenen Brief des Ärzt­li­chen Kreis- und Be­zirks­ver­bands München. “Generell schaffe die räumliche Enge Risiken – da kann man sich gar nicht von anderen fern­hal­ten mit Si­cher­heits­ab­stand”, wie es Experten der Be­völ­ke­rung zur Prä­ven­ti­on raten, sagt etwa Stephan Dünnwald vom Baye­ri­schen Flücht­lings­rat. In Asyl­zen­tren habe man derzeit eine Belegung von gut 50 Prozent; seiner Kenntnis nach werde ver­füg­ba­rer Raum vie­ler­orts nicht genutzt, sondern es gebe weiterhin die Un­ter­brin­gung in kleinen Mehr­bett­zim­mern.” (Süd­deut­sche Zeitung) “Zwei Er­wach­se­ne, zwei Mädchen. Eins davon ist ein Baby, erst drei Monate alt, das andere zwei Jahre. Alle schlafen in einem Bett. Das dient nebenbei auch noch als Wi­ckel­tisch. Die Flücht­lin­ge aus Somalia leben in einer Un­ter­kunft im Münchner Osten.” (Abend­zei­tung)

All das sind alar­mie­ren­de Aussagen, die erneut auf die teils immer noch prekären Ver­hält­nis­se in den Asyl­un­ter­künf­ten hinweisen. Es ist wichtig zu über­prü­fen, ob die Situation in den Un­ter­künf­ten des Land­krei­ses und seinen Kommunen ähnlich sind um ge­ge­be­nen­falls ent­ge­gen­wir­ken zu können.

Am 6. Juli 2020 be­rich­te­te die Süd­deut­sche Zeitung über unsere Anfrage.

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