Stade Zeit – das ganze Jahr

KIMI – Dezember 2009

Für unseren Bürgermeister muss das ganze Jahr Weihnachten sein. Stad ist es in seiner Amtsstube. Er lässt die Zügel schleifen und Bescherung ist jeden Monat, denn die Bezüge richten sich nur nach den mit dem Amt verbundenen Anforderungen. Bei Repräsentationsterminen ist zumindest in den Medien fast nur noch der zweite Bürgermeister zu sehen. Jedes Foto in der Zeitung, jeder öffentliche Auftritt bringt Herrn Böltl einer erfolgreichen Bewerbung um die Nachfolge von Herrn Hilger näher. So sind beide glücklich. Und weil das Interesse an der Kommunalpolitik begrenzt ist, stört auch kein unzufriedener Bürger den trauten Frieden im Rathaus.

Die Schlaglöcher werden derweil größer, Bitumen überzieht die Straßen wie ein Spinnennetz, das Gymnasium ist bei leerer Gemeindekasse ein Sanierungsfall, die freiwilligen Leistungen laufen aus dem Ruder, Gemeinde­räte werden falsch informiert. Und die VFW feiert von Selbstzweifeln nicht belastet 25 Jahre erfolgreiches Wirken. Es ist erstaunlich, was die VFW alles für sich beansprucht. „Wir können nichts gegen Neider, Ewig-Gestrige und Unwis­sende tun“, schreibt die VFW weiter.

Ach wären wir doch Unwissende! Wir leiden nämlich nur deswegen, weil wir wissen, was läuft bzw. richtiger: nicht läuft. Eines Tages wird es auch den Bürgern „zu bunt“ werden und die von der VFW gemeinten Personen werden nicht mehr „Rückschritt!“ sondern „Rücktritt!“ rufen.

  • Jahrelanges Gerede von einem Verkehrskonzept. Trotzdem existiert kein Straßenhierarchieplan, in dem Hauptstraßen, Verbindungsstraßen, Anliegerstraßen usw. festgelegt sind. Das wäre doch ein Anfang!
  • Gemeinderäte und interessierte Bürger besichtigten den preisgekrönten Scharnhauser Park (Ostfildern), um Anregungen für unsere Ortsmitte­pla­nung zu holen. Was unsere Begleiter, Herr XXX vom Stadtplanungs­amt Ostfildern und Frau Prof. Wolfrum, wohl davon halten dass dem Bürgermeister der Ausflug noch nicht einmal ein Besuchsbericht wert ist?
  • Das überschaubare Areal Hausen Süd ist dem Bürgermeister und gelernten Stadtplaner völlig entglitten. Es wird so kommen, dass einzelne Bauvorhaben ohne Rücksicht auf ein Gesamtkonzept und ohne öffentliche Flächen umgesetzt werden. Statt ökologischem Modellprojekt, wie es Planungen aus den 90er Jahren (!) vorsehen, nun 08/15.
  • Herr Hilger erklärt die Wirtschaftsförderung zur Chefsache, bringt aber kein Konzept sondern nur eineinhalb luftige Seiten Allgemein­plätze aufs Papier und das Grußwort des Bürgermeisters im Internet vergisst Gewerbetreibende und Firmen als Zielgruppe völlig (Stand 15.12.).
  • Obwohl es im Einzelfall um Tausende von Euro gehen kann, erfolgt bei der Geschwisterermäßigung für die Betreuungsgebühren keine Kontrolle der Angaben im Antrag. Im Beschluss des Gemeinderats habe darüber nichts gestanden, meint die Verwaltung.
  • Auch die Vereinsabrechnungen beim Dorffest wurden bisher nie inhaltlich geprüft. Es fängt mit legitimen, gewinnmindernden Angaben an und endet bei fehlen­der Kontrolle im Chaos (vorläufig nichtöffentlich). Dieses ist kein Pauschalvorwurf und ein Sonderlob an alle, die der Versuchung wider­standen. Nach Berücksichtigung der 20%-igen Gewinnabgabe der Ver­eine schießt die Gemeinde Jahr für Jahr 8.000 bis 20.000 Euro zu.
  • Am Gymnasium sieht der Bebauungsplan dort, wo ein Sportplatz sein könnte, noch immer ein Schwimmbad vor. Platz für Erweiterungen an anderer Stelle ist nicht vorgesehen. Elternbeirat und Schulleitung werden trotz unbestrittenen Flächenbedarfs vertröstet.
  • Das Ratsinformationssystem war wegen eines Systemumstiegs fast das ganze Jahr abgeschaltet. An einer Interimslösung versuchte sich die Verwaltung nicht. Die Bürger waren wie der Gemeinderat ohne Online-Zugriff auf Protokolle und Sitzungsunterlagen.

Beispiele des „Nichtstuns“ gäbe es noch mehr doch nehme ich mir an dieser Stelle eine kleine Auszeit. Auch Sie haben es sich bestimmt verdient.

Allen ein frohes Weihnachtsfest und kommen Sie gut ins neue Jahr!

Rüdiger Zwarg, Bündnis 90 / Die Grünen