Das Blaue vom Himmel

Die Fahrt ins Blaue verspricht Überraschungen und gute Laune. Man kann Pech haben und sein blaues Wunder erleben. Oder man hat Glück im Unglück und kommt mit einem blauen Auge davon. Ist der Ärger groß, ärgert man sich grün und blau. In dieser Kolumne ist alles dabei, grün sowieso. Es geht um Ortspark, Wall und Sportplatz.

Es ist überraschend, wie die Kirchheimer Bürger immer wieder überrascht werden. In einer Mitmachgemeinde soollte doch jeder interessierte Bürger Bescheid wissen (können). Trösten Sie sich. Auch wir Gemeinderäte sitzen manchmal verwundert da. Und das mit dem Mitmachen gilt sowieso nur unpolitisch. Wer Oldtimer liebt, darf in den Kirchheimer Mitteilungen etwas schreiben. Eine Interessensgemeinschaft, die für den Erhalt eines Wäldchens oder Biotops eintritt, wird auf die Möglichkeit verwiesen, eine Anzeige zu schalten. Gleichzeitig füllt die fleißige PR-Abteilung des Bürgermeisters die Seiten.

Entscheidungen haben selten nur Gewinner. Fair ist es, wenn am Start Chancengleichheit herrscht. Und es braucht Zeit für den Ausgleich, den bestmöglichen Kompromiss. Trotzdem standen die Harvester und Baumaschinen praktisch schon bereit, als das Abholzen des Walls im Gemeinderat auf der Tagesordnung stand. Zeit für Ideen und Diskussionen wäre gewesen, denn der Bürgermeister hatte seine Entscheidung nichtöffentlich schon über ein Jahr vorher getroffen – so ist es in Projekt-Protokollen nachzulesen. Deswegen fiel ich beim Lesen der letzten CSU Kolumne aus allen Wolken. Die CSU sei froh, einen Bürgermeister zu haben, der den Ausgleich von Interessen, Ideen und Meinungen selbst aktiv lebt.

Wer angesichts solcher Albernheiten glaubt, es ginge nicht noch toller, irrt. Aus dem Nichts ohne vorherige Befassung mit dem Thema, kam in der Gemeinderatssitzung Anfang Juli der Tagesordnungspunkt „Mehrkosten Freianlagen durch außerschulische Nutzung“. Gemeint war ein Kunstrasenplatz mit Flutlichtanlage für das neue Gymnasium. Richtiger: am Gymnasium für die Vereine, denn für die Schule und Freizeitfußball am Nachmittag ist ein Naturrasen erste Wahl und Flutlicht überflüssig.

Es mag ja die Notwendigkeit eines weiteren Vereins-Sportplatzes geben, aber was ist mit den anderen Interessen? Verträgt sich ein Kunstrasenplatz inklusive Flutlicht und Geräteschuppen mit dem Ortspark, der nach dem Willen der Bürger möglichst naturnah sein soll? Was denken die Anwohner über einen organisierten Sportbetrieb außerhalb der Schulstunden? Was die übrigen Bürger als Besucher des Ortsparks? Niemand hat sie gefragt. Am allerwenigsten der angeblich den Kompromiss lebende Bürgermeister.

Die Vereine sollten diesen Platz am Gymnasium angesichts der Widerstände nicht für sich reklamieren. Sie sind nicht darauf angewiesen. Wir übersetzen die angeblichen Synergieeffekte mal in echte Zahlen: Weil wir als Zweckverbandsanteil ohnehin 90.000 Euro in einen Sportplatz investieren, soll es – damit die Vereine den Platz ebenfalls nutzen können – sinnvoll sein, in zwei oder drei Etappen noch eine knappe Million draufzulegen. Wir argumentieren anders. Wenn wir eine Million für den Vereinssport ausgeben, kommt es auf 90.000 mehr oder weniger nicht an. Das Geld sollte an einem der zwei existierenden, erweiterbaren Sportareale von SVH oder KSC investiert werden – aus Rücksicht und dem gemeindlichen Miteinander zuliebe. Wer eine Landesgartenschau ausrichtet, braucht sich über fünfstellige Beträge keine Gedanken zu machen. Gerechnet wird in Millionen.

In Pfaffenhofen blieben aus der Gartenschau Dauerflächen, deren Erstellung 4,7 Millionen gekostet haben. Für die Durchführung der Gartenschau mussten aber trotz großzügiger Förderung am Ende 7,8 Millionen aus dem Stadtsäckel entnommen werden. Vielleicht kommen die 3,1 Millionen Euro Differenz über den Tourismus in Pfaffenhofen wieder rein.

Eine Jury hat jetzt die besten Entwürfe für Kirchheim ausgezeichnet. Im Siegerentwurf bleiben die bestehenden Strukturen und Biotope während der Gartenschau weitestgehend bestehen. Der Rathaus-Standort wird aufgewertet. Ein Ergebnis mit dem wir sehr zufrieden sind, auch wenn mich Gartenschauen immer an „das gute Wassersüpplein von Kieselsteinen“ in Johann Peter Hebels „Der schlaue Pilgrim“ erinnern (siehe bei Projekt Gutenberg-DE). Der schlaue Pilgrim ist die Bayerische Landesgartenschau GmbH, die die Steine (Förderungen) mitbringt.  Die ausrichtende Gemeinde ist die gutmütige, ahnungslose Wirtin, die mit ihren Zutaten ein vorzügliches Süpplein (die Landesgartenschau) entstehen lässt, aber ob der Kieselsteine nicht erkennt, wer auf den Kosten sitzen bleibt.

Vor der „Bürgerbewerbung“ um die Gartenschau gab es für die Planung des Ortsparks eine „Bürgerbeteiligung“. Im Protokoll vom 31.05.2017 des Themenabends Ortspark stehen die Ergebnisse. Die Wünsche waren bescheiden. Die Menschen hätten gerne einen naturnahen Landschaftspark mit klassischem Rasen, Blühwiesen und Spielwiesenflächen, dessen Unterhalt nicht zu viel kostet. Verschiedene Sitzmöglichkeiten, die über die normalen Parkbänke hinausgehen, wurden gewünscht. Es wurden auch ein Wasserspielplatz und ein Wasserbiotop vorgeschlagen. Wertvolles Bestandsgrün sollte soweit möglich erhalten bleiben. Als Beitrag zum Breitensport war ein Trimm-dich-Pfad im Gespräch.

Erfreuen wir uns jetzt an der schöneren, aufwändigeren und teureren Ortspark-Variante, die ohne Gartenschau – s. Pfaffenhofen – billiger käme. Wer über die Schwelle eines Sterne-Restaurant tritt, sollte spätestens ab dann genießen und nicht mehr an die Rechnung denken.

R. Zwarg