Am liebsten Äpfel und Birnen

… und dann scoubidoubi-ou-a

Wer nach Dalida, Äpfel, Birnen googelt, landet bei diesem Ohrwurm. Auch dem Bürgermeister gehen die Äpfel und Birnen nicht aus dem Kopf. Schuld bin mal wieder ich. Immer wenn ich Zahlen vortrage, kommt vom Bürgermeister, noch bevor ich den Satz beendet habe: „Sie bringen mal wieder alles durcheinander. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.“ Für die CSU- und SPD- Gemeinderäte ist das das Signal zum Weghören. Am besten nicht einmal ignorieren. Was man nicht ignorieren kann – beispielsweise eine unangenehme, pointierte Kolumne – wird an prominenter Stelle links oben mit einer Anmerkung versehen, gerne in Fettdruck und in Rot: „Hinweis der Gemeinde Kirchheim bei München zur Kolumne rechts: Die Darstellungen entsprechen nicht den Tatsachen“.

Auf ein Neues! Zum LGS-Spatenstich, exklusiv und ohne Wort- und Bildkonfetti:

„Kostenexplosion bei der Landesgartenschau 2024“

Vergleichen wir Äpfel mit Birnen; vergleichen wir die uns präsentierten Kosten von 2018 mit den Kosten Stand September 2021. Nicht um den Bürgermeister zu ärgern, sondern weil Sie als Kirchheimer Bürger:in das Recht haben, die ganze Geschichte zu hören. Die Geschichte von der beschaulichen Gemeinde, die für das gleiche Geld einen großartigeren Ortspark wollte. Von Bürger:innen, die sich in Listen eintrugen und bekundeten: „Ja, ich will!“ Eine Bürgerbewerbung um eine Landesgartenschau, wo hat es das schon gegeben? Freilich gab es auch jene, die gerne bei „Nein“ ein Kreuzchen gemacht hätten. Doch suchten die Zweifler diese Spalte vergebens. Sie durften nicht unterschreiben, mussten stattdessen hoffen, dass das Unglaubliche wahr werden würde, dass am Ende alles gut wird.

Die Bürgerbewerbung finden Sie im Ratsinformationssystem. Ob mit oder ohne Landesgartenschau, der Anteil der Gemeinde an den Kosten des Ortsparks lag bei 4 Millionen. So steht es dort. Nach dem Zuschlag für die LGS 2024 stellte sich jedoch heraus, dass es förderschädlich wäre, wenn die Bauträger von Kirchheim 2030 Ihren Anteil am Ortspark trügen.

Über Nacht wuchs so der Eigenanteil der Gemeinde um die 4,5 Millionen der Bauträger auf 8,5 Millionen Euro. Es war noch früh genug, die Reißleine zu ziehen. Aber der Bürgermeister, der es versäumt hatte, die Förderbedingungen vor der Bewerbung abzuklären, machte begeistert weiter. Er wirft an dieser Stelle gerne ein, dass die Bauträger stattdessen Unterhaltungskosten übernommen hätten. Doch die Übernahme dieses Postens war schon 2017 vor der Bewerbung vereinbart worden (Eckpunktepapier vom 05.07.2017): „Die Eigentümer werden der Gemeinde daher 53 % der Kosten erstatten, die für die Planung, Herstellung und Unterhaltung des Ortsparks entstehen.“

In dem nach dem Gartenschauzuschlag unterzeichneten städtebaulichen Vertrag heißt es dann: „Die Beteiligten erstatten der Gemeinde die anteiligen Unterhaltungs- und Pflegekosten für die öffentlichen Grünflächen einschließlich des Ortsparks mit pauschal € 2.291.000.“ Von 4,5 Millionen zuzüglich Unterhaltungskosten kommend nur noch pauschale 2,3 Millionen als Unterhaltungskosten? Das klingt für mich nach einem guten Deal für die Bauträger. Aber ich bringe ja immer alles völlig durcheinander, sagt der Bürgermeister.

Inzwischen sind die Investitionskosten auf 16 Millionen Euro angestiegen. Die Durchführungskosten kommen noch hinzu, wobei man hofft, die Hälfte davon wieder einzunehmen (Eintritts- und Sponsorengelder sowie Werbe- und Pachteinnahmen). Zusammen mit den halben Durchführungskosten liegen die Gesamtkosten bei mehr als 20 Millionen Euro. Der Bürgermeister spricht nicht darüber. Viel lieber redet er über die in Aussicht gestellte Förderung von rekordverdächtigen 8,8 Millionen Euro.

Summa summarum wird der von der Gemeinde zu tragende Anteil an den Gesamtkosten nach heutigem Stand ca. 11,5 Millionen Euro betragen. Wenn wir nun Äpfel mit Birnen vergleichen, kommen wir auf eine knappe Verdreifachung gegenüber 2018. Des Bürgermeisters Worte „Mehr Park für’s gleiche Geld“ klingen daher heute schal.

Ich empfehle nach diesen entzaubernden Zahlen Äpfel und Birnen eher in destillierter, hochprozentiger Form.

Wenn Sie gestatten, bleibt mein Glas leer. Ich habe noch einen Kater von der Bundestagswahl. Auch so eine Geschichte, die märchenhaft begann.

R.Zwarg

erklärende Links:
Die 4,5 Millionen Euro Planungs und Erstellungskosten als Anteil der Bauträger können Sie der Seite 44 der „Bürgerbewerbung“ entnehmen (https://ris.komuna.net/kirchheim/Agendaitem.mvc/Download/87143811-89432326-89585006): 53% von 8,5 Millionen.

Die aktuellen Durchführungskosten sind hier mit (zufällig ebenfalls) 8,5 Millionen beziffert:
in der rechten Spalte der Seite https://www.lgs.de/2024-kirchheim-2/

Die Zusammensetzung der Fördergelder können Sie dem Merkur entnehmen:
https://www.merkur.de/lokales/muenchen-lk/kirchheim-ort43310/warmer-foerdergeld-regen-fuer-kirchheim-91024324.html.
Definiert sind sie meist als Anteil an den förderfähigen Kosten. Da liegt also noch eine gewisse Unschärfe drin. Die Höchstförderung ist aber ausgeschöpft. Es kann also nur weniger werden.

 

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