Ein Hoffnungsschimmer
2014 bin ich mit hehren Zielen, grünen Ideen und einem Idealismus an das gewählte Mandat des Gemeinderates herangetreten. Ich hatte immer fest im Blick, dass für die Erfüllung der Amtspflicht das Wohl der Mitbürger*innen im Mittelpunkt steht. Im Rückblick stelle ich fest, dass es nicht immer leicht war, die Ideen auch zur Akzeptanz einer breiten Zustimmung zu bringen. Waren es die eingefahrenen Strukturen, der leichtere Weg zu vorteilhafteren Interessen, oder einfach eigennützige Interessen?
Ich musste irgendwann mir eingestehen, dass Umwelt keine Lobby hat. Mir wurde bewusst gemacht, dass eine Kulturlandschaft in den Augen der meisten Gemeinderatsmitglieder als ein kulturelles Angebot im engen Rahmen von Vereinen, Hopfentrunkveranstaltungen und „Freie Fahrt für Freie Bürger“ definiert wird. Nicht etwa das Urstromtal der Mangfall, das inzwischen aus einer mit Spritzmitteln in Schach gehaltenen monotonen Feldlandschaft besteht und der Produktion von Energiepflanzen und Billignahrungsmitteln dient. Etwas also, was unter gesunden, grünen Aspekten dringend zum Wohl von Mensch und Natur positiv verändert werden muss. Kultur erfährt man, Anstand hat man. Erfahrung braucht man für beides.
Ich muss also Natur und Umwelt bei den Belangen mit einbringen. Das ist eine riesige Aufgabe. Einer der Wege dorthin ist Energieeinsparung gepaart mit alternativen Energiequellen und nachwachsenden Rohstoffen. Daher ist es also nach wie vor ein Ziel von mir, dies bei Neubaugebieten oder Bauanträgen einzubringen. Doch bislang war es sogar schwierig, Bauherr*innen über die Ziegel- oder Wandfarbe selbst entscheiden zu lassen. Oder im Bauplan die Südausrichtung der Gebäude für eine effiziente Solarthermie unterzubringen, um Heizkosten und Treibhausgasemissionen niedrig zu halten. Auch Gabionen zur Straßenseite als Lärmschutz gingen nicht ohne mehrheitlichen Widerspruch.
Diese Befindlichkeiten ziehen die wachsende Sorge der nachfolgenden Generationen über die Folgen des menschengemachten Klimawandels ins Lächerliche. Sie verhöhnen die Bemühungen um gesunden Lebensraum, verbunden mit einem möglichst kleinen CO2 Fußabdruck und minimal notwendigem Flächenverbrauch.
Die Jugend bringt es mit Fridays for Future zum Ausdruck, Schüler streiken und mit ihnen gehen auch immer ältere Mitbürger*innen diesen Weg; ja ein struktureller Wandel vollzieht sich. Doch die Digitalisierung stockt, gerade weil Transparenz und Nachvollziehbarkeit fehlen. Auch der dringende Wandel hin zu erneuerbaren, ressourcenschonenden Energien stößt aus demselben Grund auf Ablehnung. Hätten wir beides, könnten wir Krisen besser meistern: Denn eines der Vorteile wäre dann, dass vor Ort die Wirtschaftskraft gestärkt wird, wenn die Ayinger Bürger*innen direkt beteiligt werden.
Die Beschlüsse, die Wandverschalung im Jodelstil, hölzerne Fensterkreuze oder Giebeldächer auf den Fertiggaragen erzwingen, sind keine Antwort auf diese globale Herausforderung. Sie sind eher Zeichen der Machtausübung.
Ja, seitdem Grüne im Gemeinderat sitzen, werden auch vermehrt Dachgauben und Außentreppen genehmigt, dringend notwendig für die Nachverdichtung der Ortschaften. Ja, es gibt ein paar mehr 30er Zonen (Am Bahnhof, Molkerei-, Kaltenbrunnerstraße, Schreinerweg – Sitzung vom 12.01.2016 TOP 9) und Geschwindigkeitsbeschränkungen außerorts, zur Sicherheit gerade der jungen Sportler (Sitzung vom 07.06.2016 TOP 18), die zu Fuss und mit dem Rad zum Sportplatz kommen.
Vieles hatte aber bereits seinen Gang genommen, als ich noch nicht im Gemeinderat saß: Der Schulzweckverband für das Gymnasium Höhenkirchen-Siegertsbrunn, der Zweckverband München Süd-Ost, der Start für landkreisübergreifende Windräder oder die Initiative für den zweigleisigen Ausbau der S-Bahnstrecke S7 Ost.
Weitere Grundsteine wurden aber auch ab 2014 gelegt, die Hoffnung auf die Zukunft machen. Die Tatkraft, Geflüchteten und anerkannten Asylbewerbern hier eine Heimat zu geben und nicht Container als Lösung, sondern gemauerte Gebäude dafür zu bauen. Dass z.B. aus den Windrädern, der Dorfmitte und zukünftigen Projekten für Natur und Umweltschutz hoffentlich eine kommunale Verwaltungsgesellschaft entsteht. Denn dringend notwendig ist die lokale Wertschöpfungskette, die mit und für die Ayinger Bürger*innen Energie erzeugt. Die Ayinger Bürger*innen sind auch dann beteiligt, wenn öffentlicher Raum und kulturelle Angebote zur Verfügung gestellt werden.
Dennoch lagen Höhen und Tiefen dicht beieinander. So waren für mich die Diskussionen zur Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes oft eine Qual. Wie habe ich gelitten, wenn dem beratenden Umweltbüro die Fachkompetenz abgesprochen wurde, zu erkennen, wo Wildwechsel stattfinden und ökologisch wichtige Verbindungskorridore für Tiere dringend notwendig wären. Und das mit einem Hinweis auf den mehr als 25 Jahre alten Flächennutzungsplan, dass es damals doch auch gepasst hätte. Auflagen, Umweltbeobachtungstechniken und Bedürfnisse der Natur wandeln sich. Und auch Bahndämme haben daher eine herausragende Bedeutung für das regionale Biotopverbundsystem. Apropos Bahndämme: Bis zum 30.01.2018 waren sich die Verwaltung, der Bürgermeister und die Gemeinderäte*innen einig, dass Bebauung die Bahnlinie in Richtung Westen nicht überspringt. Dies galt für Generationen als ein fester Grundsatz mit wenigen Ausnahmen für alle großen Ortsteile. Jetzt ist die Wiese in Großhelfendorf bald versiegelt, auf der ich durch Maisstangen jagte, Rehe, Hermeline und Bachstelzen beobachtete, Drachen steigen ließ und mit Pfeil und Bogen übte. Alle waren einfach nur froh, dass ein Abstand zu den Gewerbehallen auf der anderen Seite der Gleise war. Dass ein Abstand zu dem parkenden Blech eine Luftschneise bildete. Als wäre die Forstsiedlung durch den Liefer- und Individualverkehr der Arbeiter nicht schon genug belastet, wird ihr nun auch die Natur genommen.
Um gleich noch ein Highlight aus der Kiste zu ziehen: die Entscheidung am 28.07.2015, dem Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum „Kommunale Verkehrssicherheit“ beizutreten. Vorbereitend war eine der raren Sitzungen (28.05.2014, 16.04.2015, 16.11.2015, 16.04.2016) des Verkehrsausschusses im April desselben Jahres. Alle Mitglieder sahen nach der Vorstellung den Beitritt zu den Tölzern als sinnvoll an, fanden es als ein probates Mittel, den Ort sicherer zu machen. Und ruhiger, wenn auch eine Überwachung des fließenden Verkehrs stattfinden würde. Zudem könnte die Polizei entlastet und Kapazitäten für andere wichtige Aufgaben geschaffen werden. Ja, sogar der ruhende Verkehr in der Ayinger Bahnhofsgegend sollte überwacht werden. Hier gab es immer wieder Konflikte der Anwohner mit Wildparkern aus angrenzenden Landkreisen. In der folgenden Sitzung dann, sprach sich plötzlich die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder zusammen mit einer Vielzahl der Verkehrsausschussteilnehmer nicht mehr für den Beitritt aus. Grund war offenbar das Probeblitzen, das möglicherweise einige aus den eigenen Reihen und dem familiären Umfeld „gebeutelt“ hatte. Erst nach zähem Ringen erfolgte ein knapper Beschluss doch für einen zweijährigen Probe-Beitritt zum Zweckverband.
Wer jetzt glaubt, die Sache sei damit ausgestanden: am 07.03.2017 stand der Beschluss zum Beitritt oder endgültigem Austritt vom Zweckverband Kommunales Dienstleistungszentrum an. Knapp war der Beschluss zum Beitritt und obwohl dringend die Erhöhung des Stundenkontingentes notwendig wäre und von der Verwaltung empfohlen, wurde diese abgelehnt. Was nun auch die Finanzierung durch die erhobenen Gebühren schwieriger macht und eben nicht zum Selbstläufer. Gipfel des Ganzen: Die Überwachung des ruhenden Verkehrs wurde halbiert. Zum Leid der geplagten Anwohner, nicht nur ausschließlich in der Ayinger Bahnhofsgegend.
Doch zurück zum Anfang der Ayinger Grünen im Gemeinderat im Mai 2014. Wir haben versucht die Gemeindeordnung mitzugestalten, also für Transparenz und grüne Ideen einzutreten. Dabei haben wir gleich mal eine Frageviertelstunde für Bürger eingebracht sowie die Internetveröffentlichung von Tagesordnung und genehmigtem Protokoll. Auch sollte es die Möglichkeit für Gemeinderäte*innen geben, die Sitzungsunterlagen digital zu erhalten. Und natürlich war die sprachliche Gleichstellung und Barrierefreiheit ebenso enthalten, im Vorschlag. Die de-Mail als Einladungsformat und das Ratsinformationssystem haben letztendlich Eingang gefunden. Die Online-Veröffentlichung und Frageviertelstunde für Bürger, ohne fest in der Ordnung beschlossen, wurde dennoch geübte Praxis, bis zur Corona-Krise.
Teilerfolg also für uns Grüne, und das in der Konstituierenden Sitzung!
Eine neue Erfahrung war aber auch für mich, dass gleich in der ersten Sitzung auf öffentlichen und nichtöffentlichen Tagesordnungspunkten vier Gemeinderatsmitglieder an Beschlüssen nicht teilnehmen durften, weil sie nach §49 der eben beschlossenen Gemeindeordnung selbst betroffen waren. Das ging auch in den folgenden Sitzungen munter so weiter. Meist geht es um Grunderwerb oder Tausch, (größere) Bauvorhaben oder Erweiterungen bestehender Hallen. Einem grünen „Kleinhäusler“, der versucht vor allem sich für die anderen Bürger*innen einzusetzen, die nicht im Gemeinderat sitzen, sind diese Eigeninteressen zutiefst zuwider. Ich möchte Transparenz, um die Aufgaben der Verwaltung besser zu verstehen und kann auch von den Konflikten bei der Problemlösung der Anträge, gesetzlichen Vorgaben und Genehmigungsverfahren erzählen. Natürlich ist jeder Gemeinderat und Gemeinderätin auch Bürger*in der Gemeinde. Nur wenn regelmäßig Anträge im persönlichen Eigeninteresse gestellt werden, sind entweder die falschen Personen im Gemeinderat, oder zuwenig „normale“ Bürger*innen. Es liegt der Verdacht nahe, dass die großen Firmeneigentümer, Großbauern und -besitzer oder Vorstandsvorsitzende sich das Privileg des Rates zum Eigennutz machen.
Anderes Thema, was jetzt womöglich hier in dem Artikel zu kurz kommt: Die Zusammenarbeit unter uns Grünen, im Ortsverband und mit Dir, liebe Christine, war immer hervorragen, wertschätzend und, unter Berücksichtigung mancher schwieriger Situation, immer offen. Wir haben unsere Stärken genutzt und gemeinsam für das grüne Ziel uns eingesetzt. Danke Dir für die sechs vergangenen Jahre im Gemeinderat. Ich freue mich schon auf die nächsten Sechs, in doppelter Stärke!
Der Wandel unserer kleinen Gemeinde wird langsam vonstattengehen, Hoffnung keimt und wir Grüne arbeiten daran mit. Mit der nötigen Portion Standhaftigkeit, mit der Prise Idealismus und die Natur und Umwelt immer fest im Blick, setzen wir uns für Klimaneutralität, alternative Energiequellen, lebenswerte sozialen Strukturen und die Kultur ein, die dieses Miteinander zusammenhält. Denn nicht allein die neueste Technik führt zum Ziel, sondern eben gerade das wertschätzende Daran-Zusammenarbeiten, Ideen kreativ verbinden und im Reallabor Aying anwenden. Und wenn dies gelingt, kann auch ein Schoppen Wein oder eine alkoholfreie Weiße in der Nachbesprechung der Gemeinderatssitzung (wieder) schmecken.