Die S7Ost ist seit jeher ein „Sorgenkind“: Eingleisigkeit, als Folge ständige Verspätungen oder Zugausfälle, nur Stundentakt bis zur Endstation. Und nun die Tarifreform, von deren vollmundiger Ankündigung wir alle uns sehr viel versprochen haben. Für die Menschen aus der Gemeinde Aying und aus dem Mangfalltal ist sie jedoch eine herbe Enttäuschung.
Dürrnhaar und Aying liegen zur Zeit im Ring 8, Peiß und Großhelfendorf im Ring 9, d. h. die Gemeinde Aying wird bislang durch zwei unterschiedliche Tarife getrennt. Laut Tarifreform, die im Juni 2019 in Kraft treten soll, würden in Zukunft die bisherigen 16 Ringe auf sieben Tarifzonen zusammengeschmolzen werden, um die Tarif-Struktur zu vereinfachen und auch insgesamt das System gerechter zu gestalten.
Doch die tarifliche Trennung innerhalb unserer Gemeinde wird weiterhin bestehen!
In Zukunft sollen Dürrnhaar und Aying in der Zone zwei liegen, Peiß und Großhelfendorf in der Zone drei – obwohl die Bahnhöfe in Sichtweite liegen.
Dreifachkombination an Nachteilen
Genau genommen ändert sich innerhalb der Gemeinde Aying nur, dass in vielen Fällen die Preise steigen. Wird die Tarifreform vom Kreistag angenommen, haben es die Leute aus unserer Gemeinde weiterhin mit einer Dreifachkombination an Nachteilen zu tun.
Ø Nachteil 1: Zonenwechsel(obwohl räumlich nah und innerhalb einer Gemeinde)
Ø Nachteil 2: Überproportionale Tarifsprünge zwischen Peiß/Großhelfendorf und Aying:
o z. B. Tageskarte: 3,20€ mehr statt wie zwischen den anderen Zonen 1,00€
o z. B. IsarCard65: 62,76€ mehr bei jährlicher Zahlung, das sind gut 9% Steigerung
o z. B. IsarCard 9 Uhr: 75,96€ mehr bei jährlicher Zahlung, das sind knapp 10% Steigerung.
Ø Nachteil 3: Takt-Übergang von 20/40 (Dürrnhaar/Aying) auf 60-Minuten (Peiß/Großhelfendorf).
Die Beibehaltung des Tarifsprungs zwischen Dürrnhaar/Aying und Peiß /Großhelfendorf hat gravierende Konsequenzen, denn die Nutzung der S-Bahn ab Peiß bzw. Großhelfendorf bleibt so unattraktiv wie eh und je. Weiterhin werden Pendler*innen aus den südlichen Ortsteilen und dem Mangfalltal mit dem Auto nach Aying fahren, wo der P&R-Platz bereits jetzt überfüllt ist. Der ersehnten Entlastung für die Staatsstraße durch Peiß, Göggenhofen und Großhelfendorf kommen wir damit kein Stückchen näher.
Ein weiteres Problem mit demselben Effekt ist die nicht nachvollziehbare Preisentwicklung, vor allem der Zeitkarten, im Vergleich zum aktuellen System. Einige Preise bleiben stabil oder gehen etwas zurück, sehr viele Preise steigen jedoch durch die Reform (siehe gelbe Markierungen in untenstehender Tabelle). Beispielsweise wird bei den Ausbildungstickets der Preis für Aying gesenkt, für Peiß und Großhelfendorf jedoch erhöht. Dies und mehr wird kein Anreiz sein, vor Ort und möglichst ohne Nutzung des Autos in die S-Bahn zu steigen! Dass dann noch der Preis für die IsarCard 9 Uhr ab Peiß/Großhelfendorf (bei jährlicher Zahlung) von 768,00€ auf 854,04€ erhöht wurde, also um mehr als 11%, ist eine Katastrophe. Genauso schlimm trifft es die Senior*innen. Gibt es im aktuellen System noch die IsarCard60, wird es nach der Reform die IsarCard65 sein. Und die wird ebenfalls gut 11% mehr kosten.
Einige Tarifbeispiele
Neu ist, dass es den preiswerten XXL-Tarif nicht mehr geben wird und dass die Isarcard60 durch die Isarcard65 ersetzt wird, die allerdings bereits vor 9 Uhr genutzt werden kann. Neu und positiv ist, dass es die IsarCard S, ein Sozialticket, geben wird.
Lösungsmöglichkeiten
Ø Vorschlag 1: Dürrnhaar, Aying, Peiß und Großhelfendorf werden in Zone 2 zusammengefasst.
Ø Vorschlag 2: es wird eine integrierte tarifneutrale Zone geschaffen. Das bedeutet, dass Orte, die einen Ring weiter außen liegen, den Tarif des weiter stadteinwärts gelegenen Ortes erhalten. Dazu gäbe es auch drei Beispiele:
o Zorneding (Zone 2) bekommt den Tarif von Vaterstetten und Baldham (Zone 1)
o Feldafing (Zone 4) bekommt den Tarif von Possenhofen (Zone 3)
o Stockdorf (Zone 1) bekommt den Tarif von Planegg (M-Zone)
Ø Vorschlag 3: von Zone zu Zone sind die Tarifsprünge gleich groß.Bei einigen Tickets fällt der Tarifsprung zwischen Zone 2 (Dürrnhaar/Aying) und 3 (Peiß/Großhelfendorf) höher aus als der Tarifsprung zwischen Zone 1 und 2 oder zwischen Zone 3 und 4.
Kritische Stimmen
Kritik an der geplanten Reform mit ihren teils drastischen Erhöhungen und einer nicht nachvollziehbaren Inkonsistenz gibt es nicht nur in Aying. Im Norden des Landkreises, in Garching und Unterschleißheim, stößt das neue Tarifsystem ebenfalls nicht auf Gegenliebe.
Kritik kommt vor allem auch von den Grünen, die u. a. mit einem landesweit gültigen Ticket die kleinteiligen Angebote und Tarifgrenzen für junge Menschen bis 21 überwinden wollten. Gefordert wurde ein Ticket für den gesamten ÖPNV in ganz Bayern und zwar zu 365 Euro im Jahr. Wegen der teilweise extremen Preissprünge und Verteuerungen befürchten wir Grüne, dass selbst bei vorhandenem S-Bahn-Anschluss – Beispiel Peiß/Großhelfendorf – auch in Zukunft das Auto zum Einsatz kommt. Zum einen wegen des günstigeren Tarifes in Aying, zum anderen wegen des besseren Taktes. Und wer schon einmal im Auto sitzt, …….
Die Stadt München hat die fragwürdige Reform akzeptiert. Kein Wunder, denn München profitiert fast auf der ganzen Linie. „Fast“, weil die Autoflut aus dem Umland so garantiert nicht gestoppt werden kann. Von acht Landkreisen im MVV-Verbund haben Ende Juli bereits drei zugestimmt: Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshausen und auch Fürstenfeldbruck. Dort hatte Dr. Martin Runge, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, und Mitglied im Kreistag des Landkreises Fürstenfeldbruck, einen Antrag zur Ablehnung der Reform eingebracht. Der Antrag wurde überstimmt.
Die Chancen, dass die Reform nicht in Kraft tritt, sind offensichtlich gering. Fünf Kreistage müssen noch abstimmen. Sollte aber einer „nein“ sagen, dann müsste das Ganze doch noch einmal überarbeitet werden.
Fazit
Die Tarifreform ist mitnichten der geplante „große Wurf“: das, was bisher schon schlecht war, bleibt gleich und das, was sich ändert, ist lediglich eine zum Teil erhebliche Preissteigerung. Es gäbe Lösungsmöglichkeiten im Rahmen der geplanten Reform, doch diese blieben bislang ungehört.
1. August 2018, Nortrud Semmler-Otranto
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