Am kommenden Montag, den 27. März 2023 soll zum dritten Mal in kurzer Zeit der ÖPNV bestreikt werden. Diesmal noch umfangreicher als bisher. Es ist davon auszugehen, dass der öffentliche Fern- und Nahverkehr in ganz Deutschland weitgehend lahmgelegt wird, weil sich die Eisenbahn- und Verkehrs-Gewerkschaft (EVG) mit ver.di zusammengetan hat. Grund dafür ist das ungenügende Entgegenkommen in den Tarifverhandlungen seitens der Arbeitgeber*innen.
Konkret sind betroffen:
- Der gesamte Fernverkehr der Deutschen Bahn
- Der ÖPNV in sieben Bundesländern, auch in Bayern
- Die Flughäfen, insbesondere München und Frankfurt
- Die Binnenschifffahrt und der Hamburger Hafen
Die befürchtete Schließung der Autobahntunnel erfolgt nicht, dennoch wird es auch auf den Straßen zu Beeinträchtigungen kommen, etwa durch massive Staus und durch verstopfte Innenstädte.
Wir Ayinger GRÜNE sind zwar teilweise auch betroffen, dennoch bleiben wir solidarisch mit allen Streikenden. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Langanhaltende und wiederkehrende Streiks werden von den Arbeitgeberverbänden bewusst in Kauf genommen
Die Arbeitgeber*innen wollen mit ihrer Hinhaltetaktik genau das erreichen, was gerade passiert, nämlich eine abnehmende Solidarität mit den Streikenden. Zwar wird am Ende doch irgendwann ein Zugeständnis seitens der Bus- und Bahnbetreiber*innen herauskommen, aber ganz bewusst wird das hinausgezögert. Je länger die Streiks dauern, um so mehr richtet sich die Wut der Menschen gegen diejenigen, die schlecht bezahlt werden und nicht gegen die, die schlecht bezahlen. Diese gezielte Umdeutung, wer hier eigentlich in der Kritik steht, können wir nur verhindern, wenn wir weiterhin an der Seite der Gewerkschaften stehen.
Schlechte Bezahlung ausgerechnet für diejenigen, die wir für unsere Mobilität und den Klimaschutz am meisten brauchen
Das Bestreiken des ÖPNVs betrifft sehr viele Menschen und diese sind zunehmend genervt, etwa wenn sie nicht pünktlich zum Job, zu Freund*innen oder sogar in den Urlaub kommen. Aber genau, weil wir auf das Personal, das dort arbeitet, alle angewiesen sind, muss es doch auch in unser aller Interesse sein, dass die Mitarbeiter*innen gut bezahlt werden.
Dazu kommt, dass ohne gut ausgebauten ÖPNV der Individualverkehr auch in Zukunft nicht eingeschränkt werden und die Verkehrswende niemals gelingen kann. Nicht ohne Grund ist ver.di vor Kurzem gemeinsam mit FFF auf die Straße gegangen, denn allein aus Klimaschutzgründen brauchen wir mehr Busse und Bahnen und somit eben auch mehr Menschen, die in dieser Branche arbeiten. Leider sind es jedoch schon jetzt zu wenige, die sich beruflich für Bus und Bahn als Arbeitgeber*in entscheiden. Es müssen also dringend die Rahmenbedingungen dieser Jobs verbessert werden und dazu zählt vor allem ein ordentliches Gehalt, von dem die Menschen gut leben können – auch in teuren Städten wie München.
Gewerkschaften unterstützen Arbeitnehmer*innen vieler Branchen, in denen das Personal unzureichend bezahlt wird
Ganz generell sind wir Ayinger GRÜNEN der Meinung, dass Gewerkschaften wichtig und die entsprechenden Streiks bei erfolglosen Verhandlungen richtig sind. Angestellte im Buchhandel dürften sich zum Beispiel darüber freuen, dass ver.di für sie nun 2,50 € mehr Stundenlohn und eine höhere Vergütung für Auszubildende fordert. Während die meisten von uns Buchläden lieben, können die dort Angestellten in der Regel nicht von ihrem Monatsgehalt leben. Mindestens die Hälfte wird für eine kleine Wohnung verbraucht, ein weiters Viertel für laufende Kosten. Ähnlich geht es auch in anderen Unternehmen zu, ganz zu schweigen von all den Pfleger*innen und Erzieher*innen in unseren Kinderbetreuungseinrichtungen. Viele der Angestellten sind in der Gewerkschaft, weil nur über deren Forderungen sich die Arbeitgeber*innen immer wieder dazu gezwungen sehen, die Löhne nach oben anzupassen.
Wir sollten bei all dem Ärger, den uns so mancher Streik bereitet, nie vergessen, worum es eigentlich geht:
Menschen gehen auf die Straße und fordern mehr Lohn, weil sie zum Teil nicht einmal bei einem 40-Stunden-Job von dem Gehalt anständig leben können und weil ausgerechnet sie diejenigen sind, die unser System am Laufen halten. Ob Müllabfuhr, ÖPNV, Kindergarten, Einzelhandel… was täten wir, wenn in diesen Branchen irgendwann mal niemand mehr arbeiten will, weil sie zu unattraktiv sind? Statt die Angestellten ewig hinzuhalten, sollten die Arbeitgeber*innen endlich aufhören, die Streiks regelrecht zu provozieren und stattdessen unaufgefordert anständige Löhne bezahlen.
Darum bleibt solidarisch, zeigt Verständnis für alle Streikenden und richtet Euren Unmut an diejenigen, die sofort Abhilfe schaffen könnten: die Arbeitgeber*innen.
Dürrnhaar, 25. März 2023
Christine Squarra, Gemeinderätin
© Christine Squarra (Großstreik am 3. März 2023 in München)
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