Gedanken zum feministischen Kampftag am 8. März

Vorab:
Der 8. März ist den meisten Menschen bekannt als internationaler Frauentag oder Weltfrauentag. Doch der Begriff berücksichtigt keine trans Männer und keine nicht-binären Personen. Auch diese Personen sind von sexistischer Diskriminierung und patriarchaler Gewalt betroffen, auch sie führen feministische Kämpfe. (frauenseiten.bremen.de)

Historische Bedeutung des 8. März:
„Der Frauenkampftag, auch Internationaler Frauentag genannt, findet seit 1921 jährlich am 8. März statt. Der Tag wurde von Frauen der sozialistischen Arbeiter*innenbewegung ins Leben gerufen und wurde damals in verschiedenen Europäischen Ländern und den USA begangen, damals vor allem mit dem Ziel eines gleichen, geheimen und freien Wahlrechts für Frauen. Heute soll der Tag auf die Probleme und Benachteiligungen von Frauen aufmerksam machen, auch und vor allem der Frauen, die mehrfach marginalisiert sind: z.B. behinderte Frauen, trans Frauen, Frauen of Color, geflüchtete Frauen etc.“ (queer-lexikon)

Warum ist der feministische Kampftag so wichtig?

Als weiße und in guten Verhältnissen lebende Frau könnte ich mich zurücklehnen – ich habe einen guten Job, bin Mitglied im Gemeinderat und diskriminiert oder benachteiligt werde ich eigentlich auch nicht… oder?

Naja, an meine Rente mag ich eigentlich nicht denken. Als alleinerziehende Mutter von drei Kindern konnte ich viele Jahre nicht oder nur teilweise arbeiten. Außerdem musste ich bei der ersten Schwangerschaft mein Jura-Studium abbrechen, denn Krippenplätze gab es damals noch nicht. In Folge arbeitete ich die meiste Zeit meines Lebens im Verkauf für relativ niedriges Gehalt. Bei meinen Rentenbeiträgen klafft also eine große Lücke im Vergleich zu Männern, die ihre berufliche Laufbahn nicht für die Betreuung von Kindern aufgeben müssen. Ja, inzwischen gibt es immer mehr Männer, die sich gleichberechtigt um die Kinder kümmern, auch im Falle einer Trennung, aber nach wie vor bleibt diese Aufgabe meistens den Frauen vorbehalten. Und wenn ich daran denke, wie viele Frauen ich kenne, die beruflich zurückstecken, um ihre Eltern zu pflegen… Männer fallen mir da ad hoc keine ein.

Mir ist klar, jahrtausendealte Rollenverteilungen ändern sich nicht von heute auf morgen. Aber warum werden eigentlich nicht Kinderbetreuungszeiten (auch nach dem dritten Lebensjahr und auch bei Teilzeitarbeit) oder Jahre, die für familiäre Pflege aufgewendet werden, voll auf die Rente angerechnet?

Irgendwie fühle ich mich jetzt doch etwas benachteiligt, obwohl ich zum Glück nie in der Situation war, mir meine Kinder nicht leisten zu können. Andere Frauen hingegen, die ungewollt schwanger werden und schon im Voraus wissen, dass sie weder finanziell noch psychisch dazu in der Lage sein werden, ein Kind groß zu ziehen, entscheiden sich für einen Schwangerschaftsabbruch. Doch nach wie vor ist dieser in Deutschland strafbar, nur unter bestimmten Voraussetzungen ist er zulässig. Dieses Gesetz muss dringend geändert werden, denn keine Frau entscheidet sich leichtfertig für einen solchen Schritt. Außerdem ist es ihr eigener Körper, über den sie selbst bestimmen soll. Allen Personen, die schwanger werden können, wird dieses Recht der Selbstbestimmung in § 218 StGB abgesprochen.
Wenigstens hat am 24. Juni 2022 der Bundestag die ersatzlose Streichung des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche (§219a StGB) beschlossen. Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Doch warum sind Regeln und Gesetze häufig so, dass sie Frauen benachteiligen? Ich denke, weil sie nicht von Frauen gemacht wurden. Nach wie vor sitzen weit weniger Frauen als Männer in den deutschen Parlamenten, also dort, wo die Gesetze verabschiedet werden. Ganz zu schweigen von trans und nicht-binären Personen. Um gleichberechtigt alle Menschen zu vertreten, müssten sich die Anteile in der Bevölkerung auch unter den Abgeordneten widerspiegeln. Zwar machen offiziell alle Abgeordneten „Politik für alle“, doch niemand kennt die vorhandenen Bedürfnisse, Benachteiligungen und Hürden besser als die betroffenen Menschen selbst. Parität in Parlamenten, in Gremien, in Aufsichtsräten würde hier einiges zum Besseren wenden. Doch leider gehen diese Selbstverpflichtung bislang die wenigsten Parteien, Ausschüsse oder Firmen ein. Dass es funktioniert, zeigen die GRÜNEN mit ihrem Frauenstatut und dem Vielfaltsstatut. In unserer Partei liegt der Frauenanteil in allen Vorständen bei mindestens 50% und unter den Mandatsträger*innen liegen wir aufgrund ausgewogener Wahllisten meist auch nicht viel darunter.

Wenn ich also genauer darüber nachdenke, gibt es doch ganz viele Gründe, für feministische Anliegen zu kämpfen. Sei es auf der Straße, in Parlamenten oder im privaten Umfeld. Häufig würde es schon reichen, nicht jede lapidar dahingesagte sexistische Bemerkung von Männern unwidersprochen zu lassen. Oder wirklich alle Menschen durch geschlechtergerechte Sprache anzusprechen, anstatt nur die Männer, oder mittlerweile auch immer öfter nur Männer und Frauen. Auch das schließt Menschen aus. Und wir müssen uns solidarisch mit diskriminierten Personen zeigen, die aus ihren Heimatländern vor Benachteiligung, Unterdrückung und Verfolgung fliehen. „Solidarisch“ bedeutet für mich, dass wir in solchen Fällen unbürokratisch helfen, diese Menschen aufnehmen und ihnen in unserem Land eine neue Perspektive bieten. Dafür können wir uns alle engagieren, wir können an Organisationen spenden, die das tun und wir können diesen Geflüchteten möglicherweise sogar ein Zuhause geben.

Außerdem können Regierungen Einfluss nehmen auf Länder, in welchen Frauen und Minderheiten keine Rechte haben.

Feminismus ist also auch ein Kampf für mehr Demokratie weltweit. Die grüne Bundestagsabgeordnete Ulle Schwaus machte das in einer aktuellen Pressemitteilung an der Situation der Frauen im Iran fest: Dort „protestieren seit der gewaltsamen Ermordung der Kurdin Jîna Amini tausende Menschen unter Lebensgefahr für Frauenrechte. Daran, wie sehr die feministische Bewegung im Iran das dortige repressive Regime in seinen Grundfesten erschüttert, wird deutlich, dass der Kampf für Frauenrechte immer auch ein Kampf für Demokratie und allgemeine Menschenrechte ist.“

Es ist also wichtig, auf all diese Missstände immer wieder aufmerksam zu machen und genau darum ist der 8. März einer der wichtigsten Tage im Jahr. Nur wenn sich immer mehr Menschen diese Ungerechtigkeiten bewusst machen, kann sich auch etwas verändern. Ich selbst engagiere mich schon lange für feministische Rechte und obwohl sich schon manches zum Positiven geändert hat, ist es noch ein weiter Weg bis zu einer echten Gleichberechtigung.

Dürrnhaar, 5. März 2023

Christine Squarra, Gemeinderätin

© BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag

 

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Schlagwörter: Feminismus Feministischer Kampftag Frauenpolitik Gleichstellung Internationaler Frauentag Minderheiten


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