Ein Beitrag zur Podiumsdiskussion am 12. Februar 2020 um 19:30 Uhr im Bürgerhaus
Aus dem fortschreitenden und deutlich messbaren Klimawandel sowie dem Beschluss auf der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 ergeben sich für die Industrienationen Zielvorgaben zur CO2 Reduktion. Diesen hat Deutschland zugestimmt. Als Konsequenz müssen somit auch der Landkreis München und damit auch die Gemeinde Aying für eine entsprechende Reduktion des Ausstoßes an schädlichem Klimagas sorgen. Das von der Staatengemeinschaft anvisierte und von der Fachwelt als zwingend erforderlich angesehene Ziel einer Begrenzung der globalen Erderwärmung liegt bei 1,5° gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Um dies zu erreichen, müssen die Industriestaaten ihre CO2-Emissionen bis 2050 faktisch auf Null reduzieren. Gleichzeitig zeigten bereits die Potenzialberechnungen im Klimaschutzkonzept des Landkreises von 2013: selbst bei einem positiven und ambitionierten Szenario bis 2030 ist dies aus eigener Kraft nur zu rund 56% möglich. Legt man für den Landkreis München den prognostizierten Bevölkerungszuwachs von 17% bis 2030 zugrunde, wären gemäß den im Klimaschutzkonzept genannten Minderungspotenzialen sogar lediglich 39% CO2-Minderung bis zum Jahr 2030 möglich. Das entspricht einer Reduzierung der Pro-Kopf Emissionen im Landkreis von ca. 12,9 Tonnen pro Einwohner und Jahr in 2010 (Jahr der Datenerhebung) auf 7,6 Tonnen im Jahr 2030.
Als wichtigste und kostengünstigste Reduktionsmaßnahme gilt natürlich die Vermeidung von Energieverbrauch. Doch auch wenn wir da alle Potentiale ausschöpfen, werden wir noch weitere Schritte machen müssen um die Ziele zu erreichen. All diese Vorgaben scheinen auf den ersten Blick die ökonomische Situation für jede und jeden Einzelnen von uns zu verschlechtern. Denn wenn wir die Vorgaben erfüllen wollen, dann werden wir dafür zwingend Investitionen tätigen müssen. Dies ist in einem ersten Schritt natürlich mit Ausgaben verbunden. Aber diese Ausgaben werden auch Rendite abwerfen oder bereits nach wenigen Jahren einen break-even erreichen und damit längerfristig zu einem Vermögenszuwachs sowohl für die Gemeinde als auch für jeden einzelnen von uns führen. Wie das gehen soll, wollen wir in der Podiumsdiskussion vorstellen und mit den Bürgerinnen und Bürgern diskutieren.
Daher wollen wir zuerst auf drei exemplarische Beispiele eingehen, die viele von uns nutzen können. Wenn wir uns heute die Struktur unserer Ortsteile in Aying ansehen, dann erkennen wir, dass dies im überwiegenden Ausmaß kleine Wohneinheiten – Einzelgebäude oder Doppelhaushälften – sind. Diese Gebäudestruktur erlaubt es jedem von uns, durch Anbringung von Photovoltaikanlangen einen eigenen Beitrag zur Energiegewinnung zu leisten. Dabei werden auch noch regelmäßige Einnahmen erwirtschaftet und am Ende gibt es eine positive Rendite. Eine Modellrechnung für ein vier-Personen-Einfamilienhaus mit 4000 kWh Verbrauch pro Jahr und einem 30 % Eigenverbrauch und einer Einspeisevergütung von 9 ct/kWh und einer Photovoltaikanlage mit 10 Kilowatt Peak Nennleistung ergibt gerundet folgende Kosten und Erlöse in 20 Jahren:
Investitionskosten | 12000 € |
Einspeisevergütung | 17600 € |
Ersparnis durch Eigenverbrauch (30%) | 5800 € |
Laufende Kosten | 4000 € |
Gewinn | 7400 € |
Dies entspricht einer jährlichen Rendite von 3,1 %. Es gibt aktuell wenige risikoarme Investments die ein ähnliches Ergebnis erzielen.
Wer nun sein eigenes Dach nicht nutzen kann, hat auch andere Möglichkeiten, klimafreundlich zu investieren. Der Umbau unseres Energiemixes auf erneuerbare Energien wird in Zukunft auch in unserem Dorf mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass wir in ausgewählten Lagen Windenergie nutzen werden. Das Projekt wird heute schon von den vier Anrainergemeinden des Hofoldinger Forstes vorangetrieben. Die aktuelle Planung startet in Kürze mit einem Windgutachten. Sollte dieses Gutachten positiv ausfallen, wird die ARGE Windkraft im Hofoldinger Forst bis zu vier Windräder bauen. Diese Anlagen werden ein Bürgerbeteiligungsmodell vorsehen. Damit kann dann jeder Gemeindebürger selbst Gesellschafter werden. Diese Anlagen werfen aktuell in Deutschland, je nach Standort und Jahr, zwischen 4% und 6% Rendite ab. Dabei muss natürlich jedem Beteiligten klar sein, dass er damit auch ein unternehmerisches Risiko eingeht – die Rendite ist aber beachtlich.
Wer dieses Risiko scheut, der hat noch eine sehr interessante Alternative. Aus unserer Gemeinde in der Randlage des Großraum München pendeln viele täglich beruflich mit dem Auto nach München. Das sind etwa 30 km. Dies macht eine jährliche Strecke von etwa 12000 km aus. Diese Strecke erzeugt, je nach Fahrzeug, einen CO2 Ausstoß von 1,5 bis 2,5 Tonnen/Jahr. Wie die Automobilindustrie ankündigt, wird in den kommenden Jahren eine große Anzahl an E-Autos neu zum Verkauf stehen. Auch wenn diese Autos in der Erstanschaffung erstmal teurer sind als herkömmliche Fahrzeuge mit fossiler Verbrennung, so amortisieren sich die Fahrzeuge aufgrund der niedrigen Wartungs- und Betriebskosten erstaunlich oft. Der ADAC hat dazu eine Studie verfasst, worin er im Herbst 2019 Elektroautos und Hybrid PKW mit gleichwertigen PKW verglichen hat. Diese Studie zeigt, dass z.B. der e-Golf selbst bei nur 10.000 km Laufleistung pro Jahr günstiger ist als ein herkömmlicher Golf. (Quelle)
Viele weitere Fahrzeuge können in dieser Liste gefunden werden. Wer also plant, einen Neuwagen anzuschaffen, sollte diese Kalkulation unbedingt im Auge haben. Besonders interessant wird diese Rechnung natürlich, wenn man dann auch noch eine hauseigene Photovoltaikanlage betreibt, da man dann noch wesentlich günstiger „tankt“.
Unschlagbar von den Kosten ist jedoch nach der neuesten Tarifreform und dem geplanten Zuschuss durch den Landkreis München – die sogenannte „Landkreis-flat“ – ein Umstieg auf den ÖPNV. Dadurch werden in Zukunft die Kosten bei 12000 km pro Jahr auf sagenhaft geringe 4,35 ct pro Kilometer sinken.
Wir wollen aber nicht nur die Investitionsmöglichkeiten darstellen. Die Podiumsdiskussion soll auch allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, aus erster Hand Informationen über die aktuelle Situation des Landkreises zu erhalten. Hans Gröbmayr von der Energieagentur Ebersberg wird dazu genaue Daten über die aktuelle CO2 Situation in unserem Landkreis liefern. Damit wir alle sehen können, was an Einsparungen überhaupt möglich ist, wird er uns den aktuellen Potentialatlas des Landkreises vorstellen. Daraus wird ersichtlich, welche Möglichkeiten unser Landkreis und unsere Gemeinde haben, um den Wechsel zu regenerativer Energie zu vollziehen. All diese Maßnahmen müssen natürlich auch überwacht und gegebenenfalls angepasst werden. Dazu plant der Landkreis München sich nach dem European Energy Award zertifizieren zu lassen. Dies ermöglicht eine genaue und systematische Beobachtung der Fortschritte bei der Umsetzung zuvor definierter Ziele im Bereich des Energiewechsels hin zu erneuerbaren Energien. Diese Methode wird heute schon von 296 Kommunen in Deutschland genutzt. Dadurch erfolgt aufgrund des systematischen Ansatzes eine strukturierte Vorgehensweise auf dem Weg zu einer klimaneutralen Gemeinde Aying. Aufgrund der vielen Vorarbeiten der Klimaschutzinitiative 29++ sind wir hier schon auf einem guten Weg und wollen mit diesem ergänzenden Schritt die Dringlichkeit der Thematik weiter ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger bringen und die Arbeiten am Thema Energiewende in unserer Gemeinde fokussieren.
Die Zertifizierung mittels European Energy Award bedeutet auch, dass man nicht immer nur Fortschritte machen wird. Wie dies in der Praxis abläuft, welche positiven aber auch negativen Erlebnisse man dabei hat und was das der Kommune bringt, wird uns Konrad Lichtenauer, Leiter des Energieteams Bad Grönenbach erläutern. Bad Grönenbach ist eine von der Einwohnerzahl her mit uns vergleichbare, zertifizierte Kommune aus dem Unterallgäu,. Außerdem werden wir von ihm aus erster Hand erfahren, wie die Bürger in seiner Gemeinde von dieser Zertifizierung und den daraus folgenden Projekten direkt profitiert haben.
Die Podiumsdiskussion mit allen Bürgerinnen und Bürgern soll die Fragen beantworten, die viele von uns zu dem Thema Energiewende bewegen.
Aying/Großhelfendorf, 31. Januar 2020 Hermann Klein, Franz Klug
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