Was tun gegen den Klimawandel?

Sollte es nicht ein gemeinsames Ziel aller Bürger sein, eine lebenswerte Umwelt zu erhalten, für sich selbst und für nachfolgende Generationen?

Vor allem seit letztem Jahr ist der Klimawandel ein aktuelles Thema, das täglich durch die Medien geht. Es ist auch ein Thema, das die Gesellschaft spaltet- im Kleinen sehe ich das auch im Freundes- und Bekanntenkreis. Während Maßnahmen zum Klimaschutz den einen viel zu weit gehen, fühlen sich andere davon bevormundet und in ihrer Freiheit eingeschränkt. Die Wissenschaft sagt uns mit immer lauter werdender Stimme dass wir uns an einem Scheideweg befinden. Unsere CO2 Emissionen im nächsten Jahrzehnt werden maßgeblich beeinflussen, welches Ausmaß und welche Folgen der Klimawandel für nachfolgende Generationen haben wird.

Vor kurzem sind wir auf eine interessante Initiative aufmerksam geworden, die sogenannte Pfad A Initiative.

Ihr Ziel ist, dass jeder Bürger den Klimawandel versteht und eine bewusste Entscheidung treffen kann, wie es in Zukunft weitergehen soll.

Auf ihrer Website fasst die Initiative die wesentlichen Fakten zum Klimawandel kurz und gut verständlich zusammen und zeigt, warum die nächsten zehn Jahre die spannendsten unseres Lebens werden. Im Folgenden gibt es die wichtigsten Aspekte, Details findet man unter www.pfada.de, zusammen mit allen Literaturreferenzen zu dem nachfolgenden Text.

Ab jetzt gibt es zwei mögliche Pfade, wie sich die Erderwärmung entwickeln kann: Pfad A und Pfad B.

Pfad A – 1,5 Grad halten: Das Ziel des Pariser Klima-Abkommens

Pfad A entspricht dem Ziel des Pariser Klima-Abkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Auch diese scheinbar kleine Erwärmung hat weitreichende Folgen für das Leben in Deutschland: Der Sommer 2018 in Deutschland war extrem heiß. Dieser Sommer entsprach exakt einer Erhöhung um 1,5 Grad. Dies wird in Zukunft der Normalfall sein, keine Ausnahme. Bereits im Jahr 2050 entspricht das Klima in München dem von Mailand heute. Spanien und Italien gleichen dann Marokko und Tunesien. Der Großteil der Wälder in Deutschland vertrocknet. Die alpinen Gletscher verschwinden bis 2050 zur Hälfte. Ernteausfälle nehmen zu. Flüsse sind dadurch häufig nicht befahrbar und der Wasserverbrauch muss regelmäßig eingeschränkt werden.

Der Meeresspiegel steigt bis zum Jahr 2100 um circa 1 Meter an. Durch Gezeiten und Stürme potenziert sich die Wirkung des Meeresanstieges. Nicht nur Venedig, sondern Millionenstädte wie Hongkong oder Jakarta liegen am Ende des Jahrhunderts unter Wasser. 8 der 10 größten Städte der Welt liegen am Meer. Zusätzlich übersäuern die Ozeane, da sie mehr CO2 aufnehmen. Das beeinträchtigt den Fischfang. Als Folge von Überflutung, Dürre und Hungersnöten kommt es zu Flüchtlingsströmen und Konflikten auf allen Kontinenten.

Die Erwärmung um 1,5 Grad ist nicht mehr aufzuhalten. Entscheidend ist, dass dieser Zustand stabil wäre. Würde es gelingen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wäre es möglich, das Klimasystem stabil zu halten. Die Menschheit könnte sich unter hohen Kosten anpassen.

Pfad B – Mehr als 1,5 Grad: Die Erde als Treibhaus

Anders sieht es aus, wenn die Temperatur um mehr als 1,5 Grad steigt. Das Klimasystem der Erde enthält sogenannte Kipp-Elemente. Beispiele hierfür sind die Eisschilde in Grönland und der Antarktis, der Golfstrom und die Permafrostböden. Werden dort gewisse Temperaturen überschritten, “kippen” diese Klimasysteme und verstärken die Erderwärmung. Dadurch lösen sie das Kippen weiterer Systeme aus und wie beim Domino fällt ein System nach dem anderen. Steigt die Temperatur über 1,5 Grad, besteht eine sehr hohe Gefahr, dass diese Kettenreaktion beginnt, die der Mensch nicht mehr aufhalten kann.

Gehen beispielsweise die Eisschilde zurück, wird weniger Sonnenlicht vom weißen Eis reflektiert und die Erde erwärmt sich stärker. Dadurch schmelzen die Eisschilde noch schneller und die Erde wärmt sich noch schneller auf.

Noch folgenreicher ist das Tauen der Permafrostböden. Dort schlummern zweimal soviel CO2 und Methan wie zur Zeit in der gesamten Atmosphäre vorhanden sind. Beginnen diese Böden zu tauen, werden enorme Mengen an Treibhausgasen freigesetzt und die Geschwindigkeit der Erderwärmung wird massiv zunehmen. Ist die Grenze der Kipp-Punkte einmal überschritten, kann der Mensch die Kettenreaktion nicht mehr aufhalten.

Die Folge ist eine Erwärmung der Erde bis zu 6 Grad zum Ende des Jahrhunderts. Eine solche Erde lässt sich nicht mehr beschreiben – die Folgen sind verheerend. In Deutschland veröden die Felder und Wälder. Trinkwasser muss rationiert werden. Tropische Krankheiten wie Dengue-Fieber oder Malaria breiten sich in Deutschland aus. Hinzu kommt ein Meeresspiegelanstieg um mehr als zwei Meter in manchen Regionen. Städte wie New York, Lissabon, Shanghai und ganze Länder wie Bangladesh, die Niederlande oder Florida versinken im Meer.

Das steigende Meer versalzt das Grundwasser. Wüsten breiten sich mitten in Europa aus. Drei Viertel der Menschheit lebt heute in Gebieten in denen Ende des Jahrhunderts tödliche Hitze auftritt. Die weltweite Nahrungsmittelproduktion bricht ein. Die Lebensmittel reichen nur noch für den Bedarf von 50% der dann lebenden Menschen. Aufgrund der schwindenden Gletscher in Alpen und Himalaya steht Trinkwasser nur noch für die Hälfte der Menschheit zur Verfügung. Mehrere hundert Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Dürre und Überschwemmung. Nicht nur nach Europa sondern auch innerhalb Europas ziehen Millionen von Menschen von den Küsten und aus dem Süden gen Norden. Dies wird zu Unruhen und politischen Umwälzungen führen.

Und die Erderwärmung hört nicht auf. Die Temperatur steigt weiter um bis zu 12 Grad, der Meeresspiegel erreicht eine Höhe von 66 Metern. Berlin steht dann 30 Meter unter Wasser. Diese Entwicklungen hat es bereits in der Erdgeschichte gegeben. Doch sie haben sich langsam über tausende von Jahren abgespielt. Eine so hohe Konzentration von CO2 in der Luft wie heute gab es seit 16 Millionen Jahren nicht mehr. Der Mensch hat diese Prozesse auf wenige Jahrzehnte komprimiert.

Diese Geschwindigkeit lässt keine Zeit sich anzupassen. Einige Wissenschaftler, unter anderem vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung oder der Weltbank, bezweifeln, dass die menschliche Zivilisation auf Pfad B das Ende dieses Jahrhunderts überhaupt erreichen kann. Wenn über die Hälfte der Weltbevölkerung von Überschwemmungen, Hungersnöten und Trinkwassermangel betroffen ist, bricht die globale Wertschöpfungskette ein. Die ausbleibende Versorgung mit Nahrungsmitteln, Rohstoffen, Gütern und Treibstoff, gepaart mit Massen-Arbeitslosigkeit und Massen-Migration, führt zur Auflösung der öffentlichen Ordnung in Europa. Auch in Deutschland werden wenige Wochen ohne ausreichend Benzin, Strom und Lebensmittel lokale Unruhen auslösen und in Anarchie und Bürgerkrieg münden. Wer nicht verhungert, ertrinkt oder durch Konflikte oder Hitzetod stirbt, wird immer weiter in Richtung der Pole fliehen und dort ums Überleben kämpfen. Die Erde wird sich weiterdrehen, doch 90 Prozent aller Tierarten und die menschliche Zivilisation, wie wir sie heute kennen, werden nicht mehr existieren.

Am Scheideweg

Die Erderwärmung ist menschengemacht. Daher kann der Mensch auch bestimmen, welchen Pfad sie nimmt. Die Erderwärmung hängt von der Menge an Treibhausgasen in der Atmosphäre ab. Um auf Pfad A zu bleiben, darf die Menge an CO2 in der Atmosphäre um nicht mehr als 340 Gigatonnen weiter zunehmen. Wird dieses Budget überschritten, droht der Dominoeffekt und die Erderwärmung nimmt Pfad B. Diese Grenze wird bei unverändertem Ausstoß in 8 Jahren erreicht sein.

Was Du tun kannst

Wir müssen keine Angst haben oder in Panik verfallen. Denn wir können noch handeln.  Jeder kann in drei Schritten dafür sorgen, dass wir uns in Richtung Pfad A bewegen:

Schritt 1: Das eigene Verhalten anpassen

Nur fünf Prozent weniger CO2 pro Jahr reichen aus, um bis 2040 klimaneutral zu sein. Es geht nicht darum, sofort auf alles zu verzichten. Die letzten Prozent werden die schwierigsten sein, daher ist es ratsam, jetzt 20-30 Prozent einzusparen und dann mehr Zeit für größere Herausforderungen zu haben. Wenn jeder Deutsche nur eine Tonne CO2 pro Jahr spart, würde Deutschland seinen Ausstoß schon um 10% senken. Bei privaten Haushalten sind die Bereiche Wohnen (36%), Verkehr (27%) und Ernährung (12%) die größten Verursacher von Treibhausgasen.

Du hast viele Möglichkeiten, Deine CO2-Bilanz zu verbessern: Zu Ökostrom wechseln (kann bis zu 0,7 Tonnen pro Person pro Jahr sparen), Heizung runterschalten (nachts, in Abwesenheit, etc.), Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel nutzen, beim Autokauf auf Wasserstoff oder Elektroantrieb umsteigen, auf Flugreisen verzichten (ein Hin- und Rückflug nach New York erzeugt 3,5 Tonnen CO2), mehr regionale und saisonale Güter kaufen (z.B.: Lebensmittel), Leitungswasser trinken, weniger Fleisch verzehren (spart 0,5 Tonnen CO2 pro Jahr), Mode Second Hand einkaufen.

Wenn Du auf einen Flug oder etwas anderes nicht verzichten kannst, dann kannst Du die Treibhausgase auch erstmal kompensieren. Das ist zwar nicht das gleiche, denn den Schaden verursachst Du trotzdem, aber es ist besser als nichts zu tun. Kompensieren kannst Du beispielsweise bei den Stiftung Warentest-Siegern Atmosfair, Klima-Kollekte und PrimaKlima oder bei Flügen auch durch den Kauf von Alternativen Treibstoffen zum Beispiel bei CompensAid. Aber denke daran: Vermeiden ist immer die bessere Alternative.

Im Grunde geht es darum, sich des eigenen CO2-Fußabdruckes bewusst zu werden und ihn schrittweise zu reduzieren. Dabei kannst Du auch darauf achten, wie die CO2-Bilanz der Unternehmen ist, von denen Du einkaufst – oder bei denen Du arbeitest. Auch im beruflichen Umfeld kannst Du viel sparen, z.B. bei Dienstreisen. Jedes Unternehmen kann für sich selbst festlegen, bis wann es klimaneutral sein wird und das auch von Zulieferern fordern.

Suche Dir als erstes heraus, was Dir am leichtesten fällt. Du musst nicht alles über Nacht umstellen. Jeder Schritt ist ein wichtiger Schritt.

Schritt 2: Die Politik fordern und Veränderungsbereitschaft signalisieren

Einen großen Schritt muss die Politik jetzt tun. Industrie, Landwirtschaft und Bürger brauchen klare Spielregeln und Anreize, um Reduzierung und Innovationen in Gang zu setzen. Dazu gehören Ausstiegsfristen, Subventionen und vor allem ein CO2-Preis. Die Maßnahmen werden dazu führen, dass CO2-intensive Produkte erstmal teurer werden bis sie klimaneutral produziert werden können. Eine Auszahlung der Einnahmen eines CO2-Preises an alle Bürger kann das sozialverträglich abfedern. Die meisten einkommensschwächeren Haushalte würden dann sogar ein Plus machen.

Dennoch gilt: Investitionen und Anpassungen werden nur geschehen, wenn die Anreize deutlich spürbar sind. Jeder Einzelne muss kompromissbereit sein und Anpassungen nicht nur akzeptieren sondern auch aktiv und lautstark von der Politik einfordern. Dränge Politiker zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit. Die Politiker wissen was zu tun ist. Sie trauen sich nur nicht, weil sie keinen Rückhalt in der Bevölkerung spüren.

Das kannst Du ändern. Fordere Politiker auf, noch in diesem Jahr effektive und sozialverträgliche Gesetze zum Klimaschutz zu erlassen. Deine Stimme kann Politiker stärken, damit sie die richtigen Dinge tun. Du kannst das bei Demos machen, bei Wahlen, in sozialen Netzwerken, in Nachrichten an Politiker oder selbst in der Politik aktiv werden oder indem Du Dich einer Organisation anschließt oder spendest.

Schritt 3: Ein Vorbild sein und Informationen teilen

Wenn Menschen sich in einer unbekannten Situation befinden, versuchen sie aus der Beobachtung anderer Leute Hinweise auf ein sinnvolles Verhalten zu finden. Wenn aber auch die anderen nicht wissen, was zu tun ist oder zögern, entsteht “pluralistische Ignoranz”: Da klare Informationen über die Situation fehlen, ziehen die Menschen aus der Beobachtung der anderen die falschen Schlüsse und jeder einzelne passt sich dem passiven Verhalten der Menge an. Hinzu kommt die sogenannte “Verantwortungsdiffusion”: Bei so vielen Beteiligten soll erstmal ein anderer anfangen. Niemand möchte der Erste sein, der etwas unternimmt und Gefahr laufen, von den anderen kritisiert oder ausgenutzt zu werden.

Diese beiden Verhaltensmuster können in Notfallsituationen kritische Folgen haben und sie sind ein Grund dafür, dass  die Welt auf Pfad B verharrt. Um aus der Passivitätsfalle auszubrechen, müssen zwei Dinge geschehen: Zum einen müssen alle Beteiligten über die Situation und Lösungswege aufgeklärt werden, insbesondere weil viel bewusste und unbewusste Desinformation zum Klimawandel im Umlauf ist. Zum anderen müssen sich einzelne Mitglieder aus der Menge herauslösen und als Beispiel vorangehen.

Beides ist einfacher als man denkt: Du brauchst nur mit anderen über den Klimawandel zu sprechen und erklären, was Du selbst weißt und tust. In der Familie, unter Freunden, auf sozialen Netzwerken und im öffentlichen Leben. Wenn Du etwas aus Schritt 1 oder 2 umsetzt, und sei es noch so klein, dann erzähle anderen davon. Jedes Kilo CO2, das Du sparst, ist verdoppelt und verdreifacht sich, wenn Du anderen davon erzählst.

Trau Dich darüber zu reden, damit sich auch andere trauen. Poste es auf Facebook und Instagram und nutze den Hashtag #PfadA um Dich klar zu positionieren. Du musst niemanden bekehren, kritisieren oder überzeugen. Wenn jemand kritisch ist, kannst Du diesen Text hier nutzen, um einen Streit zu vermeiden. Sag einfach: “Ich schick Dir mal einen Text, der mir geholfen hat. Sag Bescheid, wenn Du ihn gelesen hast, Deine Meinung würde mich interessieren.” Du musst auch nicht perfekt sein. Im Gegenteil, perfekte Vorbilder schrecken eher ab. Es reicht, wenn Du von Deinen persönlichen Maßnahmen berichtest und Informationen wie diesen Artikel teilst. Durch diese Informationen und Dein Beispiel werden andere motiviert, die sonst zögern, weil die meisten nichts unternehmen.

Aying, den 27. Februar 2020 Dr. Ulrike Scholz

 

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Schlagwörter: Erderwärmung Klima Klimawandel Nachhaltigkeit Pfad A Treibhauseffekt


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