Die Zeit der fossilen Ära geht zu Ende und grüne Technologien übernehmen die Energieversorgung der Erde. Unternehmen und Staaten, die auf grüne Technologien setzen, werden zu den Gewinnern dieses Wandels gehören. Alte Konflikte, welche wegen der Beherrschung der fossilen Energiequellen ausgetragen wurden, werden verdrängt von möglicherweise neuen Streitigkeiten um die Kontrolle wichtiger Rohstoffe zur Erzeugung und Speicherung erneuerbarer Energien.
Dies bildet in Kurzform die Zusammenfassung der bisher umfangreichsten Untersuchung, die von der International Renewable Energy Agency (IRENA) gemeinsam mit dem deutschen und dem norwegischen Außenministerium sowie dem Energieministerium der Arabischen Emirate vorgestellt wurde. Der komplette Report kann unter http://www.geopoliticsofrenewables.org/Report nachgelesen werden. Dieser Artikel versucht, die wichtigsten Erkenntnisse aus diesem Report zusammenzufassen.
Der im 21. Jahrhundert anstehende Wechsel von fossilen auf erneuerbare Energieträger bedeutet für die Mehrzahl der Staaten eine Reduktion der Abhängigkeit im Energiesektor und den damit in Zusammenhang stehenden Preisschwankungen. Dies wird auch zu einer Stärkung der Demokratien in vielen Ländern führen, da dezentrale Strukturen an Macht gewinnen werden. Der Transformationsprozess wird von folgenden drei Punkten getragen werden:
- Energieeffizienz: Der lange existierende Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstumsrate und Anstieg des Energieverbrauches konnte in der letzten Dekade gebrochen werden. Die Schätzungen der Steigerungen des Energieverbrauchs bis 2040 gehen von einer jährlichen Zunahme von 1 % pro Jahr aus.
- Wachstum erneuerbarer Energien: Inzwischen etablierten sich die Erneuerbaren als die am schnellsten wachsenden Energieträger. Besonders Wind- und Solarenergie verzeichnen hohe Zuwachsraten. Seit 2000 hat sich der weltweite Beitrag der Solarenergie an der Energieversorgung verdreißigfacht und erreichte 2017 6% der Gesamtenergieerzeugung. Eine Analyse von Shell zur zukünftigen Entwicklung (s. u.) zeigt den absoluten Peak im Ölverbrauch innerhalb der nächsten fünf Jahre voraus. Innerhalb der nächsten 30 Jahre sollen selbst nach Schätzung von Shell erneuerbare Energieträger endgültig mehr zur Versorgung beitragen als die Fossilen.
- Elektrifizierung: Strom liefert heute 19 % der finalen Energie. Durch Elektrifizierung der Mobilität wird es allerdings zu einem starken Anstieg des Verbrauchs kommen. Schon heute bildet die Elektrizität den am schnellsten wachsenden Energiesektor. Eine merkliche Verschiebung von Investitionen vom fossilen Sektor in diesen Bereich hat schon in den letzten Jahren stattgefunden. Investoren haben in den vergangenen Jahren bereits elf Billionen Dollar Kapital aus dem fossilen Energiesektor abgezogen.
Die Shell-Studie stellt fest, dass die folgenden sechs Trends die Entwicklung erneuerbarer Energien treiben:
- Sinkende Kosten: Als Beispiel sei hier nur exemplarisch ein 73 prozentiger Preisrückgang bei Solarmodulen seit 2010 angeführt.
- Verschmutzung und Klimawandel: Die Erreichung des 2° Klimaziels vom Pariser Abkommen lässt sich nur unter Nutzung von erneuerbaren Energien erreichen
- Ziele für erneuerbare Energien: bereits 57 Staaten haben Pläne zur Dekarbonisierung ihrer elektrischen Energieversorgung vorgestellt. Selbst Ölförderländer wie die Arabischen Emirate planen bereits 44% ihrer Energieversorgung mittels erneuerbarer Energien.
- Technologische Innovationen: Effizientere Solarmodule, größere Windräder oder neue Energie-Speichertechnologien treiben den Wandel immer schneller voran.
- Investoren und Unternehmensentscheidungen: Investoren mit einer Marktkapitalisierung von über 32 Billionen Dollar haben zugesagt, ihre Finanzberichte klimabezogen zu erstellen. Einige der größten Unternehmen der Welt, z.B. Apple oder Microsoft haben angekündigt, in ihren Gebäuden ausschließlich erneuerbare Energien einzusetzen.
- Öffentliche Meinung: Neben vielen anderen Organisationen hat im letzten Jahr vor allem die–Fridays-For-Future-Bewegung weltweit zu einer sehr große Bewusstseinsbildung beigetragen.
Gewinner und Verlierer der Energiewende:
Vordergründig werden Länder, deren Wirtschaft überwiegend von der Produktion fossiler Energie abhängig ist, zu den Verlierern zählen – es sei denn, sie steuern gegen. Dies geschieht z.B. schon in vielen OPEC Ländern.
Eindeutige Gewinner der Wende werden China, Europa und Nordamerika sein. Diese Länder werden zum einen teure Energieimporte durch regional erzeugte Energie ersetzen. Zusätzlich zeigt sich heute schon, dass diese Regionen große Patentportfolios aufgebaut haben und damit die wirtschaftlichen Gewinne beim Umbau der Energieversorgung einfahren werden. So hält China 150.000, die USA um die 100.000 und die EU um die 80.000 Patente im Bereich erneuerbarer Energien (Stand 2016).
Generell werden fast alle Staaten davon profitieren, da sie aufgrund höherer energetischer Autarkie weniger angreifbar werden.
Neben vielen positiven Aspekten werden diese Entwicklungen auch einige neue Gefahren mit sich bringen, wie z.B.
- verstärkte Angriffe auf die elektrische Infrastruktur einzelner Länder oder Regionen. Dies kann so weit gehen, dass dies auch als Waffe eingesetzt werden könnte oder
- Versorgungsengpässe bei kritischen Rohstoffen wie z.B. Seltene Erden aber auch bei Metallen wie Kupfer oder Eisen
Die Studie geht davon aus, dass bis 2050 im Saldo durch den Ausbau erneuerbarer Energien zwei Millionen Arbeitsplätze zusätzlich entstehen werden. Aktuell fehlt laut Studie jedoch noch in vielen Bereichen planvolle Gestaltung. Dies ist aber die Voraussetzung, um diesen Wandel möglichst gut ausbalanciert zu gestalten
Großhelfendorf, 01. Oktober 2019 Franz Klug.
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